1953, 17. Oktober: Die sowjetische Kommandantur in Zwettl wird geschlossen

Am 17. Oktober 1953 erschien Oberstleutnant Skworzow, der Kommandant der sowjetischen Militärkommandantur in Allentsteig, bei Bezirkshauptmann Dr. Franz Hradil und teilte ihm mit, dass die Kommandantur der sowjetischen Besatzungsmacht in Zwettl ab sofort aufgelöst sei. Ab diesem Tag war ausschließlich die Kommandantur in Allentsteig für den politischen Bezirk Zwettl zuständig. Der Abzug der Offiziere und Soldaten aus dem Haus Hauptplatz 7, das seit Juli 1945 als Sitz der Kommandantur der Roten Armee im Bezirk Zwettl gedient hatte, konnte aber doch nicht so plötzlich bewerkstelligt werden, wie diese Entscheidung vermutlich gefallen war, die alle beteiligten Zivilpersonen in Zwettl sehr überraschte. Allerdings dauerte es ohnehin nur eine Woche, und am 24. Oktober 1953 war das Kommandanturgebäude in Zwettl von der Roten Armee geräumt. Bürgermeister Hermann Feucht nahm an diesem Tag die Hausschlüssel in Empfang und bestätigte, dass er außerdem noch einige eher geringwertige Einrichtungsgegenstände übernommen hatte, wie zum Beispiel: 16 Tische, 3 Öfen, 2 Wehrmachtskästen und 11 Sessel etc. So konnte das Haus wieder seinem rechtmäßigen Eigentümer, dem Hotelier Anton Loidl, zurück gegeben werden.

Hotel Loidl, Hauptplatz 7; von 1945 bis 1953 Sitz der sowjetischen Kommandantur in Zwettl

Hotel Loidl, Hauptplatz 7; von 1945 bis 1953 Sitz der sowjetischen Kommandantur in Zwettl

Das Haus war, wie bereits erwähnt, von der Besatzungsmacht im Juli 1945 konfisziert worden. Die Besitzer und Bewohner mussten es innerhalb kürzester Zeit räumen und hatten sich selbst um ein Ersatzquartier zu kümmern. Für die Erhaltung des Kommandanturgebäudes musste in all den Jahren die Gemeinde aufkommen, und es waren immer wieder größere und kleiner Reparaturarbeiten notwendig, für welche die Gemeinde zwischen 1945 bis 1949 zum Beispiel rund 8.300,-- Schilling (= rund € 603,--) aufwenden musste. Erst 1952 waren umfangreiche Maurer-, Dachdecker-, Maler- und Tischlerarbeiten am Kommandanturgebäude angefallen, die in Summe rund 79.000,-- Schilling (= rund € 5.740,--) gekostet hatten. Auch den Kanzleibedarf und den finanziellen Aufwand für eine weibliche Hilfskraft, die in der Kommandantur beschäftigt war, musste die Gemeinde bestreiten. Die Beträge wurde allerdings nachträglich über Ansuchen als Besatzungskosten von der Landesregierung rückerstattet.
Nach der Räumung des Hauses durch die Rote Armee konnte der rechtmäßige Besitzer Anton Loidl das Haus am 9. November erstmals wieder besichtigen. Die dabei festgestellten Bauschäden und Mängel, besonders im Sanitärbereich, wurden gemeinsam mit Vertretern der Stadtgemeinde und der Gewerbekammer festgestellt. Die Reparaturarbeiten machten rund 12.000 Schilling (= rund € 872,--) aus.
Nach und nach gelang es, die Spuren, welche die Besatzungsmacht an dem Haus hinterlassen hatte, zu beseitigen, und das Hotel-Restaurant stand bald wieder seinen Gästen offen. Das Kino, das ebenfalls in diesem Haus untergebracht war, wurde auch in den schweren Jahren nie geschlossen und brachte sowohl während der Kriegs- als auch während der Besatzungszeit Unterhaltungs- und Propagandafilme, die dem jeweiligen Zeitgeschmack entgegen kamen und den politischen Vorgaben entsprachen. Der Kinosaal erfüllte in den ersten Nachkriegsjahren aber auch eine wichtige Aufgabe als Versammlungsraum für verschiedene Veranstaltungen.

Einige Preise* zum Vergleich:
Im Jänner 1954 kostete
1 kg Mehl: öS (Schilling) 4,30 = € 0,31
1 kg Brot: öS 3,50 = € 0,25
1 kg Kartoffeln: öS 0,75 = € 0,05
1 Ei: öS 1,35 = € 0,10
1 kg Schweinefleisch: öS 28,-- = € 2,03
1 kg Salz: öS 3,02 = € 0,22
1 l Bier: öS 4,-- = € 0,29
Haare schneiden: öS 5,50 = € 0,40
1 Kinokarte: öS 3,50 = € 0,25

* Österreichisches Statistisches Zentralamt (Hg.), Die Entwicklung der Verbraucherpreise von 1900 bis 1996. Beiträge zur Österreichischen Statistik. 1.240. Heft (Wien 1997).

Friedel Moll, Oktober 2005

Quellen:
Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Kart. 131, Besatzungskosten sowie Nr. 403/1953, Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 19. Oktober 1953. StAZ, Kart. 234, Besatzungskosten.