2013, 12. Oktober: Musikerheim in der Gartenstraße eröffnet

MusikerheimAm Samstag, dem 12. Oktober 2013, eröffneten der Zweite Präsident des NÖ Landtages Mag. Johann Heuras, Bürgermeister Herbert Prinz, Kulturstadtrat Johann Krapfenbauer und Finanzstadträtin Andrea Wiesmüller, letztere auch in ihrer Funktion als Obfrau des Musikvereins C. M. Ziehrer, unter reger Beteiligung der Bevölkerung das neue Musikerheim vor dem Stadtamt in der Gartenstraße.
Bis zu dieser Eröffnung befand sich der Probenraum des Musikvereins Carl Michael Ziehrer im Dachbodenbereich des Stadtamtes. Dieser Raum war vor Jahren als Provisorium bezogen worden und entsprach seit langem in keiner Weise mehr den Ansprüchen. So fand die große Zahl der aktiven Musikerinnen und Musiker in dem engen und viel zu niedrigen Raum nur mit Mühe Platz, die Akustik war schlecht und der Zugang erfolgte über eine schmale Stiege, die den Transport großer Musikinstrumente erschwerte und den heute gültigen Fluchtwegsanforderungen nicht entsprach. Da auch das Stadtamt selbst in funktionaler Hinsicht an die zeitgemäßen Anforderungen, die an ein modernes Verwaltungsgebäude gestellt werden, angepasst werden sollte, beschloss die Stadtgemeinde Zwettl 2009 einen Architekturwettbewerb durchzuführen. Eine Jury, bestehend aus Vertretern der Gemeinde und erfahrenen Architekten, prämierte unter den sechs eingereichten Beiträgen jenen des Architektenteams Robert Diem und Erwin Stätter (franz zt gmbh, 1160 Wien, Hornbostelgasse 3/2/32).
Am 30. August 2012 wurde mit dem Bau des Musikerheimes auf dem Areal vor dem Zwettler Stadtamt begonnen. Um den akustischen Anforderungen der Musiker zu entsprechen und die maximalen Förderkriterien des Landes Niederösterreich zu erfüllen, musste der Probenraum eine lichte Raumhöhe von fünf Metern und eine Fläche von zwei Quadratmetern je Musiker aufweisen. Zusätzlich waren selbstverständlich Aufenthalts-, Sanitär- und Archivräume unterzubringen. Die Architekten sahen dafür ein abgesenktes Untergeschoß vor, da das gesamte Bauwerk das unmittelbar benachbarte Stadtamt ja nicht überragen durfte. Bauträger und Architekten waren einhellig der Meinung, dass der Musikverein C. M. Ziehrer für die Stadt und die Region von besonderer Bedeutung ist. Daher entschloss man sich, das Musikerheim nach außen hin signifikant in Erscheinung treten zu lassen. „In seiner zeitgemäßen, reduzierten kubischen Formensprache bildet der Neubau einen bewussten Kontrapunkt zum benachbarten Stadtamt. Zur Belichtung des Erdgeschosses schwebt der Baukörper leicht abgehoben über einem umlaufenden Fensterband. Die Fassadengestaltung in Form von goldfarbenen, karoförmigen Aluminiumverbundplatten wurde von den Blechblasinstrumenten und dem Muster der Trachten des Musikvereins abgeleitet.“ (franz zt gmbh)
Das Bauwerk wird mittlerweile in Zwettl „Goldstück“ genannt. Der Probenraum ist für 80 Musiker ausgelegt, die Nutzfläche beträgt insgesamt 295 Quadratmeter, wobei 133 Quadratmeter auf das Obergeschoß und 151 Quadratmeter auf das Erdgeschoß entfallen. Die Kosten beliefen sich auf rund € 920.000,--. Darin sind Eigenmittel und Eigenleistungen des Musikvereins C. M. Ziehrer in der Höhe von € 110.000,-- enthalten.
Blasmusik lässt sich in Zwettl seit der Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisen. Mit 8. Oktober 1557 wird im Ratsprotokoll ein Maister Hannß Turner genannt, dem man an diesem Tag das Amt eines Türmers im Rathausturm verlieh, der pünktlich morgenß umb vier, zu mittag umb aindlefe (elf) und zur nacht umb acht ur seine Hornsignale über die Stadt ertönen lassen musste. Bei kirchlichen Festen, vor allem bei Prozessionen, wurden im 18. Jahrhundert unter anderem Pauken und Trompeten verwendet, und als sich im Jänner 1704 die Zwettler Bürgerschaft wegen der drohenden Kriegsgefahr militärisch organisierte, finden sich in den Quellen pfeiffer und spillmann, welche die Bürger bei ihren Aufmärschen und Übungen unterstützten. Die Nationalgarde, die auch in Zwettl im Revolutionsjahr 1848 aufgestellt wurde, besaß eine eigene Musikbanda, also eine Musikkapelle, bestehend aus zwei Tambouren und zwölf Musikern, als deren Kapellmeister der Lehrer Joseph Weigelsperger amtierte. Großen Aufschwung nahm das Musikleben in Zwettl unter dem 1857 in Emmerdorf geborenen und ab etwa 1880 hier tätigen Kapellmeister Josef Müller. 1885 verlieh ihm die Bezirkshauptmannschaft den Gewerbeschein für das Musikergewerbe, und am 4. Juli 1896 führte seine Kapelle den Festzug an, der sich anlässlich der Eröffnung der Lokalbahn Schwarzenau-Zwettl mit Eisenbahnminister Emil Ritter von Guttenberg und Statthalter Erich Graf Kielmannsegg vom Bahnhof in die Stadt bewegte. Bereits am 11. April 1887 (Ostermontag) war im Gasthaus Artner im Oberhof der Musikverein Zwettl gegründet worden. 1904 verließ Müller Zwettl und zog nach Wien, wo er Chorleiter wurde. Ihm folgten als Kapellmeister Silvester Helmreich und Hans Weinpolter. Nach kriegsbedingten Unterbrechungen etablierte sich 1949 unter dem Namen „Stadtkapelle Zwettl“ ein Streicherorchester, dessen Leitung Anton Wohak übernahm. Das Orchester schloss sich 1956 mit dem ebenfalls wiedererstandenen Chor zum „Musik- und Gesangsverein Zwettl“ zusammen. 1960 trennten sich die beiden Klangkörper aber wieder, und unter Kapellmeister Karl Gündler entstand der „Musikverein C. M. Ziehrer“.

Literatur:
Hans Hakala, Musikverein C. M. Ziehrer. In: Hans Hakala/Walter Pongratz, Zwettl-NÖ I. Die Kuenringerstadt (Zwettl 1980) S. 583-585.
Friedel Moll, Die Anfänge der Blasmusik in Zwettl. In: Friedel Moll, Schützengilde, Bürgerkorps und Blasmusik. Verteidigungsbemühungen und „bürgerliche Kurzweil“ in Zwettl = Zwettler Zeitzeichen Nr. 7 (Zwettl 2002) S. 40-44.
Othmar K. M. Zaubeck, Blasmusik im Bezirk Zwettl (Zwettl 1980).
Othmar K. M. Zaubeck, 100 Jahre Musikverein C. M. Ziehrer-Zwettl (Zwettl 1987).