Braustadt Zwettl

Am 17. Februar 2000 wurde in einem feierlichen Akt beschlossen, Zwettl zur Braustadt zu ernennen. Bürgermeister ÖR Franz Pruckner und Vizebürgermeister Friedrich Sillipp unterzeichneten die entsprechende Urkunde.

Braustadturkunde

Mit der Annahme der offiziellen Bezeichnung „Braustadt“ soll der Bedeutung der Privatbrauerei Zwettl für Wirtschaft und Fremdenverkehr in der Region Rechnung getragen und auf die lange Brautradition in Zwettl hingewiesen werden. Als Abschluss der Feierlichkeiten und Krönung der Verbindung zwischen Stadt und Brauerei wurde am 1. Oktober 2000 ein vom Waldviertler Bildhauer Willi Engelmayer gestalteter Bierstein übergeben und im Kreisverkehr an der Kremser Straße aufgestellt. Der Stein ist 3,10 Meter hoch und wiegt mehr als 10 Tonnen. In stilisierter Form sind auf ihm die Grundelemente des Bieres (Hopfen, Braugerste und Wasser), das Zwettler Stadtwappen, ein altes Wappen der Kuenringer und das Wappen der Bierbrauerfamilie Schwarz dargestellt.

Historisches zum Bierbrauen in Zwettl
In Zwettl wurde – wie in anderen Städten auch – seit dem Mittelalter Bier gebraut. Ab dem 14. Jahrhundert weisen in einigen Urkunden Familiennamen auf diese Brautätigkeit hin. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts (nun stehen ausführlichere Quellen zur Verfügung) lassen sich Brauhäuser und Bierbrauer nachweisen. Im Stift Zwettl ist eine Klosterbrauerei bereits mit dem Ende des 15. Jahrhunderts dokumentiert.
Auch die Stadt Zwettl selbst ließ ihr eigenes Bier brauen. In den Ratsprotokollen der Stadt, die mit 1553 beginnen, finden sich zahlreiche Hinweise auf das städtische Brau- und Schankhaus, das sich bis ins 18. Jahrhundert im Haus Landstraße 24 (heute: Postgebäude) befand.

Das ehemalige städtische Brau- und Schankhaus an der Landstraße, Zeichnung: Georg Chmelarz, 1896

Das ehemalige städtische Brau- und Schankhaus an der Landstraße
Zeichnung: Georg Chmelarz, 1896

Daneben gab es im Laufe der Zeit in Zwettl mindestens 9 bürgerliche Brauhäuser und für kurze Zeit wahrscheinlich auch ein herrschaftliches in der Propstei.
Alle diese Braustätten gehörten seit dem frühen 17. Jahrhundert zur Weitraer Brauzunft. 1708 gelang es den Zwettler Bierbrauern, dass in ihrer Stadt eine „Viertelslade der Bierbrauer“ errichtet wurde, die von nun an für nahezu das gesamte Waldviertel zuständig sein sollte. Daraufhin entstand ein heftiger Konflikt mit den Weitraer Bierbrauern, der Jahrzehnte andauerte, in mehrere Prozesse mündete und letztlich beide Zünfte an den wirtschaftlichen Ruin brachte.

Das Siegel der Zwettler Bierbrauerzunft, 1708, Foto: Werner Fröhlich, Zwettl

Das Siegel der Zwettler Bierbrauerzunft, 1708
Foto: Werner Fröhlich, Zwettl

Die einzige heute noch in Zwettl bestehende Brauerei, die Privatbrauerei Zwettl (seit nunmehr vier Generationen im Besitz der Familie Schwarz) wurde 1617 erstmals als „Stiegen Brauerei“ in der Syrnau erwähnt. Es war das eine kleine Hausbrauerei, die zunächst unter der Herrschaft Schickenhof stand, meist nicht einmal ihr Bier in die Stadt liefern durfte, im frühen 18. Jahrhundert aber bereits über eine eigene Wasserleitung aus dem Schleifgraben verfügte.
Im Laufe der Jahrhunderte stellten nach und nach fast alle kleinen Bierbrauereien im ganzen Land den Betrieb ein. Die meisten scheiterten an den wirtschaftlichen und technischen Umwälzungen des späten 19. Jahrhunderts. In Zwettl konnte sich nur die Brauerei in der Syrnau halten, sie war seit 1890 im Besitz des aus Bayern stammenden Bierbrauers Karl Schwarz. Nach vielen schweren Krisen (besonders im Gefolge des 2. Weltkriegs), kam in den 1960er und 70er Jahren der Aufschwung.
Heute ist die Privatbrauerei Zwettl der bedeutendste Industriebetrieb in der Region. Sie hat mit ihren Produkten den Namen „Zwettl“ zu einem Begriff in ganz Österreich gemacht.

F. Moll, 10/2003

Literatur:
Franz Pötscher/Friedel Moll, Braustadt Zwettl (= Zwettler Zeitzeichen 6, Zwettl 2001).