Am 21. Juli 1924 um 7:30 Uhr fand auf dem Hauptplatz in Perg (OÖ) die festliche Weihe des neuen Kraftwagens statt, der nun erstmals den regelmäßigen Personenverkehr zwischen dem Mühl- und dem Waldviertel übernehmen würde. Damit sollten die Waldviertler in Zukunft wesentlich einfacher nach Linz oder Salzburg reisen können. Diese Autobuslinie wurde nicht von der Post, sondern von der eben gegründeten Kraftwagen-Verkehrsgesellschaft Perg-Zwettl betrieben, an deren Spitze der Perger Vizebürgermeister Karl Wögerbauer stand.
Für Zwettl war es von immenser Bedeutung, Anschluss an diese Autobusverbindung zu finden, da kurze Zeit davor Postautolinien zwischen Spitz – Ottenschlag – Schönbach und Großgerungs sowie von Martinsberg nach Ybbs/Donau eingerichtet worden waren. Damit drohte Zwettl von seinem angestammten Hinterland abgetrennt zu werden. Eine Verlängerung der von Perg geplanten Linie über Zwettl nach Horn schien außerdem dringend erforderlich.
An der Jungfernfahrt am 21. Juli 1924, die auf die Fahrzeugweihe in Perg folgte, nahmen zahlreiche Honoratioren teil. Die Linzer Tages-Post[1] vom 9. September 1924 schrieb darüber: „…den Bewohnern von Groß-Gerungs wird nun der bisherige Umweg mit der Bahn über Gmünd und Schwarzenau zu ihrer Bezirksbehörde in Zwettl erspart und die Fahrzeit von 15 Stunden aus 1 bis 2 Stunden reduziert. Die Zwettler waren bisher, wenn sie beispielsweise nach Linz wollten, genötigt, über Schwarzenau-Absdorf-Hippersdorf nach Wien und dann erst nach Linz oder Salzburg zu fahren. Nun wird auf kürzestem Wege der Anschluß über Perg nach Linz möglich sein.“
Der Linienbus und seine Begleitfahrzeuge wurden auf ihrer Jungfernfahrt durch das Mühl- und Waldviertel am 21. Juli 1924 in allen Ortschaften freudig mit Fahnenschmuck und Böllerschüssen begrüßt. In jenen Orten, wo der Konvoi Station machte, hielt der dortige Bürgermeister oder ein Vertreter eine kurze Festansprache und Blasmusik spielte auf.
Zur Ankunft in Zwettl schrieb die Linzer Tages-Post: „Um ½ 3 Uhr nachmittags kam man in die Stadt Zwettl, den Endpunkt der Fahrt. Das schmucke Städtchen hatte gleichfalls Festgewand angelegt, die Häuser trugen reichen Flaggenschmuck. Unter dem Jubel der zahlreichen Menge, die sich auf dem Stadtplatz aufgestellt hatte, und unter den Klängen eines flotten Marsches fuhren die Automobile mit den Festgästen in die Stadt ein. Bürgermeister Loidl von Zwettl, der sich mit der Stadtvertretung und den Mitgliedern des Aktionskomitees eingefunden hatte, hielt vom Auto aus eine zündende Ansprache an die Oberösterreicher und an seine eigenen Mitbürger. Er betonte die Wichtigkeit des Augenblickes für die Erschließung des niederösterreichischen Waldviertels und für die Stadt Zwettl und meinte: „Auch die Niederösterreicher werden trachten, das Ihre zu dem wichtigen Werk beitragen zu können durch Beistellung eines zweiten Wagens.“
Tatsächlich beschloss der Zwettler Gemeinderat in seiner Sitzung vom 5. August 1924, sich an dem Projekt einer Busverbindung mit 100 Millionen Kronen zu beteiligen und dafür ein Darlehen in dieser Höhe bei der örtlichen Sparkasse aufzunehmen. Auch drängte man darauf, diese Buslinie über Neupölla und Horn bis Eggenburg zu verlängern und so Anschluss an die Franz-Josefs-Bahn zu finden.[2]
Am 13. Februar 1925 beschloss der Zwettler Gemeinderat, anstelle des Schuppens beim Harrerhaus (Gartenstraße 2, Parzelle 980), eine Garage für vier Postautos und die Autospritze der Feuerwehr sowie eine Reparaturwerkstätte samt Benzingrube zu errichten. Auch der Platz für das Fahrzeug der mittlerweile errichteten Postautolinie Zwettl-Horn wurde dabei berücksichtigt. Um die drückende Wohnungsnot zu lindern, sollte die Garage ein erstes Stockwerk erhalten, in dem vier Wohnungen untergebracht wurden. Die Kosten dafür veranschlagte man mit rund 50.000 Schilling.[3]
Segnung des Busses der Linie Perg-Zwettl-Horn vor dem Rathaus in Zwettl
Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA 06-03-079
Vor der Postgarage in Zwettl, Gartenstraße
Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-SF 03-07-088
[1] Österreichische Nationalbibliothek, Anno, Linzer Tages-Post, 22. Juli 1924, S 167 f.
[2] StAZ, Ratsprotokolle, Sign. 02-39, S 174 f, Kart. 99, Reg.Nr. 377/1924.
[3] StAZ, Ratsprotokolle, Sign. 02-41, S 18, 30. 1925. In der Zeit der größten Inflation, erfolgte die Währungsumstellung von Kronen auf Schilling. Für 10.000 Kronen erhielt man nun einen Schilling.