Thema des Monats September 2024

Veröffentlichungsdatum01.09.2024Lesedauer3 Minuten
Urkunde

Am 18. September 1624 verklagte der Schneider Urban Caradt aus Rudmanns den Müller Thomas Fischer aus Diemanns vor dem Zwettler Stadtgericht. Beide hatten in Zwettl Kegel geschoben und waren dabei in Streit geraten. Vor dem Unteren Stadttor am Kampufer, etwa dort, wo heute das Stadtamt und die Parkgarage stehen, befand sich damals die städtische Schießstätte. Dort gab es auch eine gern besuchte Kegelbahn mit einer Ausschank. Caradt und Fischer hatten also gekegelt und Urban Caradt dabei ein Achtering (1,347 Liter) Wein verspielt. Doch knapp bevor er seine Schuld begleichen wollte, kamen seine Frau und sein Schwager vorgefahren. Sie wollten rasch wieder heimfahren und forderten Urban energisch auf aufzusitzen. Der wollte noch den Wein bezahlen und auch mit seinen Spielkameraden trinken, was seine Frau absolut nicht zulassen wollte. Da meinte die Ehefrau des Müllers, Urban könne ja beim nächsten Mal zwei Achtering bezahlen. Darauf nannte sie dieser ein Pankert*. Sie wieder beschimpfte den Schneider, er sei ein Schelm. Das war in der damaligen Zeit eines der schlimmsten Schimpfwörter. Als Thomas Fischer dann wegfuhr, rief ihm Urban Caradt hinterher, er fahre weg wie ein Schelm. Darauf sprang Fischer vom Wagen, eilte zu Caradt Gefährt und schlug mit seinem blanken Degen auf des Schneiders Kopf.

Vor dem Stadtgericht bestritt Caradt seine Beschimpfungen. Daher verhörte das Stadtgericht zwei Zeugen, nämlich den Häckhel aus Rudmanns und den Torwärter Andre. Beide bezeugten Caradts verbale Beleidigungen. Das Gericht befahl daher, dass der Schneider für diese Beschimpfungen Abbitte leisten müsse und erklärte danach beide Kontrahenten wieder zu guten Freunden. Eine Formel, die damals nach Streitschlichtungen vor Gericht üblich war. Der Streit wurde mit zwei Dukaten verpönt. Das heißt, dass jener, der den Streit neuerlich beginnen würde, mit dieser Strafe zu rechnen habe. Weiters wurde Urban Caradt, der ja mit den Beschimpfungen begonnen hatte, mit einem Reichstaler Strafe belegt. Thomas Fischer aber, der den Degen gezogen und mit diesem auch zugeschlagen hatte, musste zehn Reichstaler Strafe bezahlen.

* Pankert = uneheliches Kind.

Transkription

Stadtarchiv Zwettl, Ratsprotokolle, RP 09, Sign. 02-09 (1622-1642), fol. 53r, 53v.18. September 1624.


Clag Urban Caradten

ctra. Thoma Fischer                                                                                                              

Urban Caradt Schneider von Ruemanß Clagt wider Thoma Fischer Müller zu Dietmans Sy hetten miteinander vor dem Thor Khegel geschüben, und Clager ein Achtering wein verspilt, welliche er alßbalt bezallen wollen, habe aber khain Potten haben khönnen, In deme sey sein weib und Schweger Khommen, und haimb fahren wollen, welliche Ine zum aufsitzen Ermahnet, der Clager aber bezalt sein wöllen, deß beclagten weib geantwortt, welle ein Anndermall 2 Achtering Wein bezallen, hierauf der Clager sy ein Pankhart gescholten, und Sy Ime entgegen einen schelmen gehaißen, und da der beclagte Wekh gefahren, hab Clager zue Ime gesagt, er fahre davon wie ein schelm, hierauff der Beclagte vom wagen gesprungen und den Klager mit bloßen

______________________________________________________________Seite 53 v

Tegenn umb den khopff geschlagen, Beschaidt, weilln der Calger seiner Redt nicht gestänndig, so ist es mit zwayen zeugen alß Häckhel vor Reumanß und den Anndren Thorwärtl alhie, bezeugt worden, dahero solle er dem Miller Abbitten, und beede zue gueten freundten gesprochen, p. Pön 2 ducaten der Clager seines anfanngs halber, umb einen Reichsthaller gestrafft, der beclagte aber weill er mit einem bloßen degen den Clager überloffen, und geschlagen, dardurch die freyheit gebrochen, umb 10 Reichsthaller werden, Actum Zwettl den 18. Septembris Ao. 624.