Im Stadtarchiv Zwettl finden sich mehrere Listen von einer Haussammlung, die im Oktober 1945 in Zwettl zu Gunsten der von einem Fliegerangriff betroffenen Bewohner von Ottenschlag sowie für durch Feuer geschädigte Hausbesitzer in Unterrosenauerwald, Echsenbach, Wurmbrand, Kleinotten und Großglobnitz durchgeführt wurde.
Die Einheit der deutschen Waffen-SS, die im April 1945 im Ottenschlager Schloss einquartiert war, hatte anscheinend den Entschluss gefasst, gemeinsam mit der Ortsbevölkerung den Geburtstag Adolf Hitlers am 20. April gebührend zu feiern. Die Soldaten gestalteten eine Wiese am Rand des Marktes als Festwiese, hissten Hakenkreuzfahnen und bereiteten alles wie zu einem Volksfest vor. Einem sowjetischen Kampfflugzeug, das während der Vorbereitungsarbeiten den Ort und die Festwiese überflog, schenkte man keine besondere Aufmerksamkeit.
Kurz darauf vernahm man jedoch das Dröhnen von mehreren Flugzeugen, die im Tiefflug den Ort Ottenschlag anflogen, ihn mehrmals umkreisten und dabei ein Inferno mit Brandgeschoßen und auch einigen Sprengbomben auslösten. Im Nu stiegen an zahlreichen Objekten Flammen und Rauchschwaden auf, die sich rasch ausbreiteten und den Anschein erweckten, der gesamte Ort stünde in Flammen. … Die Bilanz dieser kriegerischen Heimsuchung war erschreckend: 32 Wohnhäuser und an die 20 Wirtschaftsgebäude fielen den Flammen zum Opfer … Zum Glück erwiesen sich einige von diesen Sprengbomben als „Blindgänger“, wodurch ein noch größerer Schaden verhindert wurde, vor allem auch durch eine Bombe, die durch ein Kirchenfenster an der Ostseite hinter dem Hochaltar zu liegen kam und nicht explodierte. Aus: Paul Lenauer, Ottenschlag. Eine Gemeinde in Wort und Bild (Ottenschlag 2010) S 52, 53.
In Unterrosenauerwald brannte im Juni 1945 das Anwesen des Kleinbauern Ferdinand Hobecker zur Gänze nieder und auch im Gemeindegebiet von Echsenbach waren mehrere Gebäude abgebrannt. Da die geschädigten Hausbesitzer nicht in der Lage waren, ihre Anwesen mit eigenen Mitteln wieder aufzubauen, rief die Bezirkshauptmannschaft Zwettl die Bevölkerung über die Gemeindeverwaltungen und die Bezirksbauernkammer am 27. September auf, für die notleidenden Mitbürger zu spenden.
Die Gemeinde Zwettl führte ab 4. Oktober 1945 eine Haussammlung durch, die letztlich insgesamt 2.726,50 Reichsmark einbrachte.
Als die Sammlung bereits lief, beschloss Bezirkshauptmann Dr. Wolfgang Lackenbacher auch weitere durch Feuer Geschädigte in die Sammlung einzubeziehen, wie sieben Hausbesitzer in Kleinotten und einen in Großglobnitz, deren Häuser im Juni bzw. Anfang August ein Raub der Flammen geworden waren sowie ein Haus in Wendelgraben, Gemeinde Wurmbrand, das bereits im Mai völlig abgebrannt war.
Die in Zwettl gesammelten Spendengelder teilte man folgendermaßen auf:
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Ottenschlag |
1.526,50 |
Unterrosenauerwald |
100,-- |
Echsenbach |
400,-- |
Wurmbrand |
100,-- |
Großglobnitz |
600,-- |
Anmerkung: 1 Reichsmark (RM) hatte im Oktober 1945 eine Kaufkraft von umgerechnet € 4,63 bezogen auf 2013 (Quelle: VPI Börsenkurier 1213).
Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Karton 123, Reg.Nr. 426/45.