Dokumente zu den Wahlen im November 1945
Am Sonntag, dem 25. November 1945 fanden nach der Zeit des Austrofaschismus und der Nazi-Diktatur die ersten freien Wahlen in Österreich statt. Gewählt wurde der Nationalrat und in den meisten Bundesländern auch der Landtag, wie zum Beispiel in Niederösterreich.
Der Wahl stellten sich folgende Parteien:
KPÖ - Kommunistische Partei Österreichs
ÖVP - Österreichische Volkspartei
SPÖ - Sozialistische Partei Österreichs
DPÖ - Demokratische Partei Österreichs, diese kandidierte nur in Kärnten
Die KPÖ betrieb besonders in der Sowjetischen Besatzungszone einen sehr intensiven Wahlkampf. Sie hielt zahlreiche Wählerversammlungen ab und verteilte viel Werbematerial.
Die Stadt Zwettl wurde in zwei Wahlsprengel geteilt, die Wahllokale befanden sich im Gemeinderatssitzungssaal im Postgebäude, Landstraße 24 sowie in der Gemeindekanzlei, im Haus Landstraße 20. Beide Wahllokale waren von 8.00 bis 16.00 Uhr geöffnet.
Leider sind aus den vorhandenen Unterlagen die Zahl der Wahlberechtigten und damit auch die Höhe der Wahlbeteiligung nicht ersichtlich. Im Wahlsprengel 1 wurden 822 und im 2.Wahlsprengel 738 Stimmen abgegeben. Insgesamt waren 14 Stimmen ungültig. So hatte zum Beispiel eine Person die Demokratische Partei gewählt, mehrere Stimmzettel waren leer geblieben oder zur Gänze durchgestrichen, und in einem Kuvert fand sich statt des Stimmzettels ein Kochrezept.
Insgesamt erhielt die KPÖ, welche die Reihe der wahlwerbenden Parteien auf dem Stimmzettel anführte, in Zwettl 71, die ÖVP 858 und die SPÖ 617 Stimmen.
Das Stimmenergebnis der Landtagswahl war in Zwettl völlig ident mit dem der Nationalratswahl.
Die Nationalratswahl vom 25. November 1945 brachte für Österreich folgendes Ergebnis:
Wahlwerber |
Stimmen |
Anteil |
Mandate |
ÖVP |
1.602.227 |
49,8 % |
85 |
SPÖ |
1.434.898 |
44,6 % |
76 |
KPÖ |
174.257 |
5,4 % |
4 |
DPÖ |
5.972 |
0,2 % |
- |
Für die KPÖ, die vor allem in der Sowjetischen Besatzungszone mit einem guten Ergebnis gerechnet hatte, bedeutete das eine herbe Niederlage.
Diese Nationalratswahl wirkte sich auch unmittelbar im Bereich der Gemeinde Zwettl aus. Die Mitglieder des Gemeinderates waren zu dieser Zeit ja noch nicht von den Gemeindebürgerinnen und Bürgern gewählt, sondern vom Provisorischen Landesausschuss über Vorschlag der drei gesetzlich zugelassenen Parteien (KPÖ, SPÖ und ÖVP) bestimmt worden. Auf Grund des Wahlergebnisses legten die beiden Gemeinderäte der KPÖ Ferdinand Zdobinsky und Karl Binderreiter im November 1945 ihr Mandat zurück. Der Kommunist Ferdinand Hutzler sollte nun die Funktion eines Vertrauensmannes der Bezirksleitung der KPÖ zur Gemeindeverwaltung und zur Bezirkshauptmannschaft übernehmen. Außerdem übergab die örtliche Bezirksleitung der KPÖ die Verwaltung der Zwettler Lichtspiele, wie man das Kino damals nannte, an die Gemeinde und forderte die Einsetzung eines öffentlichen Verwalters, was im Jänner 1946 auch wirklich geschah. Tatsächlich kam es aber – vermutlich nach Interventionen durch die Besatzungsmacht - nicht zum Ausscheiden von Binderreiter und Zdobinsky aus dem Gemeinderat. Erst im März 1946 verließ Karl Binderreiter dieses Gremium, und Ferdinand Hutzler folgte ihm als Mandatar der KPÖ nach. Die KPÖ war also nach wie vor durch zwei Mandatare im Zwettler Gemeinderat vertreten. Ferdinand Hutzler wurde im März 1946 sogar zum geschäftsführenden Gemeinderat gewählt. Zu Jahresende verließ er aber das Stadtparlament, und mit Ferdinand Zdobinsky schied am 1. September 1947 der letzte Vertreter der KPÖ aus dem Zwettler Gemeinderat aus.
Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Karton 123, Wahl 1945, Zl. 519/45; Reg.Nr. 565/1945. Karton 481, Mappe 6. Gemeinderatsprotokolle vom 15. Oktober 1945, 17. Jänner 1946, 23. März 1946, 10. Dezember 1946 und 12. November 1947.