Sobieslaw (Sobĕslav) II.

Am Übergang vom 11. zum 12. Jahrhundert hatte die bayerische Kolonisationswelle – getragen von den Kuenringern - den Talkessel von Zwettl erreicht, wo sie auf die hier bestehende slawische Siedlung traf. Die Kuenringer errichteten auf dem heutigen Propsteiberg ihr Herrschaftszentrum, eine Burg-Kirchenanlage, vielleicht an jener Stelle, wo sich bereits eine slawische Wallburg befunden hatte. In der Folge drangen die Kolonisatoren weiter nach Norden und Nordwesten vor.
Dieses Vordringen in das Land zwischen Böhmen und dem babenbergischen Herzogtum führte möglicherweise zum Konflikt mit den nördlichen Nachbarn. Aber auch wegen Thronstreitigkeiten in Böhmen, in welche die Babenberger verstrickt waren, brach letztlich der Krieg aus: 1175 fiel Herzog Sobĕslav II. von Böhmen in das nördliche Niederösterreich ein. Im darauf folgenden Jahr rückte er angeblich mit 60.000 Mann über Znaim in das Weinviertel vor und verwüstete das Land zwischen Eggenburg und der Marchmündung. Wenig später drangen böhmische Truppen dann in das Waldviertel ein, brandschatzten 1176 das Dorf Zwettl und verwüsteten weite Landstriche. Auch das Kloster wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Babenberger Herzog Heinrich II. Jasomirgott, ohnehin in Kämpfe im Osten und Süden seines Landes verwickelt, starb während des Krieges im Jänner 1177. Sein Sohn Leopold V., der bereits 1174 vom Kaiser mit Österreich belehnt worden war, konnte bald gegen Herzog Sobĕslav II. von Böhmen beachtliche Erfolge erringen. Er drang nach Mähren vor und verwüstete die Gebiete um Brünn und Olmütz. Kaiser Friedrich I. Barbarossa selbst griff in den Konflikt ein. Er setzte Herzog Sobĕslav ab und legte 1179 am Reichstag von Eger den Zwist zwischen Böhmen und Österreich bei, indem er den Grenzverlauf zwischen beiden Ländern fixierte. Damit wurde die intensive Rodungstätigkeit des österreichischen Adels in den großen Grenzwäldern gegen Böhmen hin anerkannt. Diese Grenzziehung von 1179 blieb im wesentlichen bis 1918 bestehen.
Im Talkessel von Zwettl baute man das von den Böhmen zerstörte Dorf wieder auf, und die Siedlung gewann rasch an Bedeutung.

Literatur:
Heinz Dopsch/Karl Brunner/Maximilian Weltin, Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. = Herwig Wolfram (Hg.), Österreichische Geschichte 1122-1278 (1999) S 150.

Johann v. Frast, Topographie des Erzherzogthums Oesterreich (1838) S 19 f.

Gottfried Edmund Friess, Die Herren von Kuenring. Ein Beitrag zur Adelsgeschichte des Erzherzogtums Oesterreich unter der Enns (1874) S 35-37.

Joachim Rössl, Die Frühgeschichte des Zisterzienserklosters Zwettl. Eine Darstellung mit Regesten. In: Hans Patze (Hg.), Blätter für deutsche Landesgeschichte. NF, 113. Jg. (1977) S 62 f.