Die Zwettler Dreifaltigkeitssäule
Foto: Werner Fröhlich, Zwettl
(Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA 02/8/95)
Der Bau der Zwettler Pest- oder Dreifaltigkeitssäule in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lässt sich nicht unmittelbar auf den Ausbruch oder das Abklingen einer Epidemie und ein daraus entstandenes Gelübde zurückführen. Die Gründe dafür waren vielmehr sowohl die tiefe Frömmigkeit als auch der Zeitgeist des Barock, deren Wurzeln in einer allgemeinen Dankbarkeit lagen, Kriege, Seuchen und Brandkatastrophen relativ unbeschadet überstanden zu haben. Außerdem wirkte sich der wirtschaftliche Aufschwung, der mit dem Ende der kriegerischen Bedrohungen einher gegangen war, belebend auf die Bautätigkeit aus.
Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert begannen einzelne Städte auf ihren Hauptplätzen Pest-, Marien- und Dreifaltigkeitssäulen zu errichten, manche entsprangen einem Gelübde. Die Pestsäule auf dem Graben in Wien wurde 1692 geweiht, Kaiser Leopold I. hatte während der Pest von 1676 ihre Errichtung gelobt. Die Eggenburger versprachen im Pestjahr 1713 eine solche Säule zu erbauen und bereits im nächsten Jahre lösten sie das Versprechen ein. Die Pestsäulen von Klosterneuburg und Baden entstanden 1713/14 bzw. in der Zeit von 1713 bis 1718. Zahlreiche weitere Orte folgten diesem Beispiel.
In Zwettl wurde um die Mitte des Jahres 1726 über eine Dreifaltigkeitssäule beraten: Am 9. August 1726 tagten im Rathaus auf dem Hauptplatz der Innere und der Äußere Rat der Stadt unter dem Vorsitz des Stadtrichters Michael Hickhel (von Beruf ein Kürschner). Auch zahlreiche Bürger, die nicht Ratsmitglieder waren, wohnten der Versammlung bei, in der es zunächst um Abgaben an die hohen Landesstellen ging.
Die wichtigste Entscheidung dieser Sitzung betraf aber die Dreifaltigkeitssäule. Die gesamte Versammlung beschloss einstimmig und gelobte, auch in Zwettl ein solches Bauwerk zu errichten. Die Gründe für diese Entscheidung werden aus dem Text im Ratsprotokoll deutlich: „...das gleich wie beye den mehristen landsfürsstl: Stätt: und Märkhten schon von der lengst beschehen, auch alhier zuforderist dem Allerhöchsten Drey=Einigen Gott, zu Ehren unnd schuldigter Danckhbahrkheit, das die Statt und ganze Burgerschafft bishero von so vüll und unterschiedlichen, Pesst, Krieg, Feyer und wassers noth, so gahr genädigklich behüettet und bewahret worden, eine stainere Ehren Säulen, mit der Biltnuß der Allerheyl: Dreyfaltigkheit, in der Statt solle aufgerichtet werdten.“
In dieser Zeit war Eggenburg mit seinen Steinbrüchen in der Gegend von Kühnring, Zogelsdorf und Reinprechtspölla, wo herrlicher, weißer Sandstein gebrochen wurde, geradezu das Zentrum der Steinmetzkunst in Niederösterreich. Die in dieser Stadt ansässigen Steinmetzmeister genossen einen ausgezeichneten Ruf und arbeiteten im ganzen Land an Kirchen, Klöstern, Schlössern und anderen Profanbauten. Vor allem aber stammen unzählige Kleindenkmäler aus ihren Werkstätten.
Auch die Zwettler suchten für ihre Dreifaltigkeitssäule einen Eggenburger Meister zu gewinnen. Ihre Wahl fiel auf Johann Caspar Högl. Dieser fertigte bald Entwürfe für das geplante Bauwerk an, welche offenbar die Zustimmung der Auftraggeber fanden. Denn noch im September 1726 schlossen Richter und Rat von Zwettl mit Högl einen Vertrag. Darin verpflichtete sich der Steinmetzmeister, „eine Säulen von Königringer [Kühnringer] Stain, mit der Bildnuss der Allerheyligsten Dreyfaltigkheith, wenigst von 6 1/2 Clafter [1 Klafter = 1,872 Meter ] hoch ... zuverferttigen.“ Außerdem wurde festgelegt, dass an der Vorderseite eine Statue der Immakulata (unbefleckte Empfängnis Mariens) und Skulpturen der Heiligen Sebastian, Rochus und Rosalia, an der Rückseite aber jene der heiligen Märtyrer Florian, Joannes von Nepomuk und Donatus angebracht werden sollten. Alles mit den „darzue gehörigen Postumenten, Gewölckh und Zierraden, wie auch denen Kündlein, in der Hand ein Hertz oder Stern zur Lampen haldente. Alles von sauberer und wohl proportionierter Bildhauer Arbeith...“.
Bei den hier am Schluss erwähnten „Kündlein“ handelt es sich ohne Zweifel um jene sechs Putti, welche auf der Balustrade um die Säule angebracht waren und im Zuge der Restaurierung von 1898 entfernt und durch eiserne Laternen ersetzt wurden. Ihre Funktion als Lichtträger war bis heute wohl weitgehend unbekannt. Zwei dieser Statuen sind erhalten geblieben und befinden sich im Eingangsbereich des Stadtmuseums.
Richter und Rat von Zwettl verpflichteten sich im September 1726, dem Johann Caspar Högl für die Steinmetz- und Bildhauerarbeiten 800 Gulden zu bezahlen, sowie den Transport der Steine aus Eggenburg oder Kühnring zu besorgen. Högl sollte sofort mit der Arbeit beginnen, damit das Bauwerk möglichst noch im nächsten Frühjahr errichtet werden konnte. Als Anzahlung übernahm der Bildhauer bei der Vertragsunterzeichnung 150 Gulden.
Der Bader Joseph Christoph Assel war für die finanzielle Abwicklung des Bauvorhabens verantwortlich. Er legte dazu ein eigenes kleines Verzeichnis an, in welches er alle Einnahmen und Ausgaben eintrug. Assel war Mitglied des Äußeren Rates der Stadt und hatte wenige Jahre zuvor das Amt eines „Paue Maisters“ inne gehabt. Als solcher musste er sich um die städtischen Bauten kümmern. Aber allein die Steinmetzkosten für die Dreifaltigkeitssäule waren etwa doppelt so hoch wie jener Betrag, den das Bauamt ansonsten im Durchschnitt pro Jahr ausgab. Man musste also andere Finanzierungsmöglichkeiten suchen, und die Stadt schöpfte tatsächlich all ihre Möglichkeiten aus. Namhafte Geldbeträge kamen aus dem Kammeramt und dem Salzamt (dem städtischen Salzverkauf). Der Löwenanteil der Kosten wurde aus der Tätz-Lad (einer Art Getränkesteuer) bestritten. Auch die Propstei steuerte 50 Gulden bei.
Noch im Spätherbst 1726 wurden rohe Sandsteinquader von Eggenburg nach Zwettl transportiert und hier während des Winters von Högls Gesellen bearbeitet. Manche Figuren brachte man hingegen bereits fertig bearbeitet von Eggenburg nach Zwettl. Übrigens scheint der Transport ein ziemlich kostspieliges und schwieriges Unterfangen gewesen zu sein. Zahlreiche Zwettler Handwerker und Geschäftsleute beteiligten sich mit ihren Wagen daran. Vor allem die großen Sandsteinblöcke mit 50 bis 60 Zentnern (1 Zentner entspricht rund 56 kg) waren für die meisten Wagen zu schwer, sie machten den Fuhrleuten und ihren Zugtieren zu schaffen. Der Eisenhändler Johann Neckhaimb (heute: Kirchengasse 1, Schuhhaus Stolz) erklärte sich daher im Dezember 1726 bereit, speziell für diese Transporte einen besonders starken mit Eisen beschlagenen Wagen anfertigen zu lassen. Mit einer der letzten Fuhren transportierte im August 1727 der Lebzelter Gregor Glaß (heute: Landstraße 26, Karas) die steinernen Engel von Eggenburg nach Zwettl. Da aber unterwegs ein Pferd erkrankte, sprang der Leopold Moser aus Mühlfeld bei Horn mit seinen Zugtieren ein, was zusätzliche Kosten verursachte.
Am 29. Mai 1727 wurde der Pranger, der bis dahin mitten auf dem heutigen Dreifaltigkeitsplatz gestanden war, von Johann Caspar Högls Gesellen unter Assistenz von Zwettler Taglöhnern und Zimmerleuten abgetragen und auf dem Neuen Markt wieder errichtet. Bereits im Vormonat hatte man dafür eine große Linde gefällt, die bisher auf dem Neuen Markt gestanden war.
Am Dienstag, dem 17. Juni 1727, legte der Zwettler Pfarrvikar Urban Beck feierlich den Grundstein für die Dreifaltigkeitssäule auf dem „heroberen Platz“. Richter, Rat und die gesamte Bürgerschaft wohnten diesem festlichen Akt bei, der von Trompeten und Pauken begleitet wurde. Der Stadtschreiber Andre Johann Paumann vermerkte zu diesem Bauvorhaben im Ratsprotokoll: „Gott der Allerhöchste wolle dieses zu seiner Ehre annehmen. Amen.“
Die Figurengruppe der Hl. Dreifaltigkeit, Bekrönung der Zwettler Pestsäule
Foto: Werner Fröhlich, Zwettl
(Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA 03/8/91)
Am Bau der Dreifaltigkeitssäule wirkten auch zahlreiche Zwettler Handwerker mit, allen voran der Maurermeister und Ratsbürger Mathias Atzmüller. Der Zwettler Kunstmaler Bernhard Zetler (1690 – 1738) vergoldete markante Details an den Statuen (Strahlenkranz, Taube, Zepter ...) und die Schriftzeichen auf der Tafel aus rotem Marmor. Folgende Inschrift ist hier zu lesen: SIT GLORIA PATRI ET FILIO ET SPIRITVI SANCTO VNI ATQVE TRINAE DEITATI. AMEN. (Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste, der einen und dreifaltigen Gottheit. Amen). Dieser Text enthält aber auch als Chronogramm – wie damals üblich – einen Hinweis auf das Errichtungsjahr: Einzelne Buchstaben sind nämlich größer als die anderen. Sie ergeben als römische Zahlen addiert das Jahr 1727.
Die Statue der Immaculata auf der Zwettler Dreifaltigkeitssäule
Foto: Werner Fröhlich, Zwettl
(Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA 02/8/93)
Am 5. September 1727, wohl nach endgültiger Fertigstellung des gesamten Bauwerks, erhielt Johann Caspar Högl als Restbetrag der vereinbarten Bausumme 78 Gulden ausgefolgt. Joseph Christoph Assels Rechnung ist zu entnehmen, dass die Dreifaltigkeitssäule insgesamt 1721 Gulden und 14 Kreuzer gekostet hatte. Da aber nur 1676 Gulden dafür vorgesehen waren, musste Assel die Differenz zunächst aus eigener Tasche begleichen. Erst am 31. Dezember 1729 konnte er diese 45 Gulden 14 Kreuzer vom Kammeramt der Stadt Zwettl in Empfang nehmen.
F. Moll, 10/2003
Quellen:
Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Ratsprotokolle, Sign. 2/13, fol. 338v, 342v, 343v, 350v, 352v, 353v, 354.
StAZ, Kart. 21, „Contract wegen Aufrichtung der Heyl. Dreyfaltig Kheit Säulen in der Landesfürstlichen Statt Zwethl“, 1726. Ebenda, „Specification yber allen empfang und außgaaben wegen aufrichtung der Heyl. Dreyfaltigkheith Säullen...“.
StAZ, Kart. 8, Tatz-Rechnung von 1727.
Literatur:
Hans Hakala, Die Dreifaltigkeitssäule in Zwettl. In: Das Waldviertel 14. Jahrgang, Folge 11/12/13 (Krems 1965) S 120–126. [http://www.daswaldviertel.at/]
Friedel Moll, Der Bau der Dreifaltigkeitssäule. In: Friedel Moll/Werner Fröhlich, Zwettler Stadtgeschichte(n) 2. Alltagsleben in vergangener Zeit (2002) S 90-94. [http://www.buch-schulmeister.at/]