Die Ursachen
In Niederösterreich genossen die Bauern im 15. Jahrhundert eine gesicherte Rechtsstellung. Auch ihre wirtschaftliche Position war relativ stabil. Die Grundherrschaften mussten sich an „altes Herkommen“ halten und konnten die Abgaben und Dienstleistungen nicht willkürlich erhöhen.
Im 16. Jahrhundert gelang es den Monarchen, ihre Stellung deutlich zu festigen. Das führte zu einer Ausweitung der obrigkeitlichen Gewalt ganz allgemein, die sich nun an verbriefte Gewohnheiten oft nicht mehr gebunden fühlte. Geistliche und weltliche Grundherrschaften gingen daran, bereits bestehende Abgaben zu erhöhen oder auch neue einzuführen. Zugleich suchten die Herrschaften neue Grundlagen für ihre Wirtschaft: Schaf- und Fischzucht, Brauereien, Sägewerke, Mühlen, Schmieden und Wirtshäuser bildeten mehr und mehr die ökonomischen Fundamente der Herrschaft. Sie warfen beträchtliche Gewinne ab, bedeuteten aber für die Handwerker in den Städten und Märkten eine unliebsame Konkurrenz. Durch Erweiterung der Robotpflicht und die Einführung des Waisen- und des Zwangsgesindedienstes konnten die Herrschaften überdies billige Arbeitskräfte aus den Reihen der Untertanen einsetzen.
Dazu kam, dass auch der Landesfürst ständig höhere Steuern einhob. Das verschlimmerte sich noch durch die jahrzehntelangen Kämpfe an der Grenze zum Osmanischen Reich. 1593 entbrannte ein verheerender Türkenkrieg. Die Grenzverteidigung brach zusammen, die Festung Raab fiel. Nach der Defensionsordnung wurde die Musterung des „dreißigsten“ Mannes angeordnet. Wenig später sollte der „zehnte“ und ab September 1596 sogar der „fünfte“ Mann aufgeboten werden. Das heißt, es musste jeder dreißigste, zehnte oder fünfte Hof einen Mann für den Kriegsdienst stellen, die übrigen Untertanen hatten für dessen Ausrüstung, Verpflegung und Besoldung aufzukommen.
All diese Belastungen führten bei den untertänigen Bauern und bei den Handwerkern zu deutlichen Einkommensverminderungen und damit zu einem Sinken des Lebensstandards. Die Bauern und Handwerker auf dem Lande sahen in ihrem Aufstand einen Kampf um die alten Rechte. Ihr Unmut richtete sich vor allem gegen geistliche und weltliche Grundherren und deren Beamte, aber auch gegen die vom Kaiser eingesetzten Behörden. Auch die Bürger in den kleinen Städten und Märkten litten unter dem Steuerdruck und unter der Konkurrenz der herrschaftlichen Betriebe. Sie unterstützten daher häufig die Forderungen der aufständischen Bauern.
Der Aufstand beginnt
Im Oktober 1596 kam es in der Stadt Steyr zu Unruhen, als Untertanen der Herrschaft Steyr sowie der Stifte Garsten und Glenk die Musterung verweigerten. Als der Burggraf von Steyr Anfang November zwei inhaftierte Anführer dieser Revolte über Befehl Kaiser Rudolfs II. hängen ließ, brach im oberösterreichischen Traunviertel und im Gebiet zwischen Enns und Ybbs in Niederösterreich der Aufstand offen aus.
Am 24. November 1596 flammte der Aufstand im südlichen Waldviertel auf. Die Untertanen des Freiherrn Albrecht von Hoyos zu Persenbeug, Isper, Emmersdorf und Rachendorf sowie des Freiherrn Wilhelm von Roggendorf zu Pöggstall, welche besonders bedrückt wurden, machten den Anfang.
Die Aufständischen sammelten ihre Beschwerden und hatten beschlossen, diese dem Kaiser selbst vorzulegen. Rudolf II. residierte seit 1582 in Prag. Die Regierungsgeschäfte in Niederösterreich führten seine jüngeren Brüder, die Erzherzöge Matthias und Maximilian. Die Rebellion begann regelmäßig damit, dass Agitatoren von Wirtshaus zu Wirtshaus, von Hof zu Hof und von Haus zu Haus zogen, über die hohen Abgaben und Steuern sowie über die vielen Dienstleistungen schimpften und - sobald sie Zustimmung erhalten hatten - die Untertanen zu Taten aufzustacheln suchten. Die Angeworbenen besuchten dann eine Versammlung, auf der zunächst Reden über die Notlage der Bauernschaft und den Übermut der Grundherren gehalten und dann die Pläne und Ziele der Erhebung dargelegt wurden. Nach einer Diskussion, während der die Ängstlichen und Unentschlossenen die Versammlung verließen, entschlossen sich die Verbliebenen, einen Bund zu gründen oder sich einer solchen Vereinigung anzuschließen.
Der Bund wurde durch einen Eid bekräftigt, der den Bauern zwei konkrete Verpflichtungen auferlegte: Sie sollten bis zur Abstellung der Beschwerden ihren Grundherren und Vögten keinen Gehorsam leisten, insbesondere keine Abgaben und Steuern bezahlen und keinen Robot verrichten. Außerdem sollten, wenn die Führer des Bundes ein Aufgebot erließen, alle betroffenen Mitglieder mit Kriegsausrüstung und Proviant am Sammelplatz erscheinen. Dieses Aufgebot betraf aber nicht den dreißigsten, zehnten oder fünften, sondern oft den „zweiten Mann“. In manchen Fällen sollte sogar jeder Hof einen Krieger stellen, es musste jedoch auf keinen Fall der Hofbesitzer selbst in den Kampf ziehen, sondern er konnte einen Vertreter schicken. Viele Bauern und Handwerker schickten einen ihrer Söhne, manche auch einen Knecht oder einen anderen männlichen Dienstboten. Die Daheimbleibenden sollten zur Ausrüstung und Verproviantierung der Kämpfer beitragen. Anlässlich des Beitritts zum Bündnis mussten die Untertanen eine Abgabe, den so genannten Eidkreuzer, bezahlen. Bei diesen Versammlungen wählten die Mitglieder des Bundes auch Rottmeister und Hauptleute. Ein Rottmeister hatte bei Aufgeboten etwa 8 bis 15 Männer zum Kriegsdienst aufzurufen, mit ihnen am Sammelplatz zu erscheinen und seine Gruppe im Lager und auf den Märschen zu befehligen. In jeder Pfarre sollte ein Hauptmann gewählt werden, dem die Befehlsgewalt über alle Bundesmitglieder seines Sprengels zustand. Die Untertanen bestimmten häufig jene Männer zu Rottmeistern und Hauptleuten, denen sie zuvor auch die Funktion von Amtleuten, Markt- und Dorfrichtern übertragen hatten. Da diese untertänigen Gemeindefunktionäre auch als besondere Vertrauensleute der Herrschaft galten, machten sie sich durch die Annahme einer Führungsstelle bei den Rebellen eines besonderen Vergehens schuldig. Die Rottmeister und Hauptleute erwählten dann - meist mit Zustimmung der gerade anwesenden gemeinen Rebellen - aus ihrer Mitte „Oberhauptleute“, „Oberste Hauptleute“ oder „Obriste“.
Der Aufstand erfasst das Waldviertel
Kaiser Rudolf II. erließ am 10. Dezember 1596 ein Generale an die Aufständischen und warf ihnen vor, „ein ganntz verbottenen hochsträfflichen aufstanndt angefanngen“ zu haben. Den von ihnen geschworenen Eid erklärte er für nicht bindend und drohte allen, die in ihrem gegen Gottes Gebote verstoßenden Ungehorsam verharrten, eine strenge Bestrafung an „ehr, leibs und guet“ an. Weiters kündigte der Kaiser die Entsendung eines Herolds an und ermahnte die Aufständischen, sich nach Verlesen des Generales durch den Herold zu besinnen und von der Rebellion Abstand zu nehmen.
Kaiser Rudolf II. (1552-1612)
Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Sign. BA 02/7A/49/2
Ungeachtet dessen breitete sich der Aufstand in beiden westlichen Landesvierteln Niederösterreichs aus. Im Waldviertel schlossen sich nahezu alle Gemeinden von der Donau bis nach Gmünd, Weitra, Arbesbach, Waidhofen an der Thaya und Horn an. Die wichtigsten Anführer der Rebellion im Waldviertel waren der 75jährige Bauer Andreas Schremser aus Dobersberg als Obrist, der 34jährige Binder Hans Markgraber aus Gossam bei Emmersdorf als Oberhauptmann, vor allem aber der 55jährige Georg Prunner, ein Schneider aus Emmersdorf, der als Generalobrist fungierte und unermüdlich von Ort zu Ort zog, um die Bauern zur Rebellion zu bewegen. Weiters sind der Schuster Adam Pierschammer aus Pöggstall und der Maurer Georg Göth aus Arbesbach zu nennen. Letzterer hatte die Position eines Hauptmannes inne. Aus dem Nahbereich von Zwettl sind die Bauernführer Johann Auberger und Sebastian Scherkl, beide aus Gschwendt sowie der Schneider Heinrich Weiss aus Marbach am Walde bekannt. Auberger hatte vor den Aufständen das Amt des Dorfrichters seiner Grundherrschaft Stift Zwettl inne gehabt, Scherkl war Müller unter der Stiftsherrschaft und Weiss unterstand dem Herrn von Landau auf Rappottenstein.
Mitte Dezember 1596 hatten Georg Prunner und seine Helfer bei Zwettl 3000 Bauern versammelt, Untertanen des Klosters, der Propstei, des Herrn Achaz von Landau und anderer weltlicher Grundherrschaften. Sie legten den bereits erwähnten Eid ab, in dem sie beschworen, ihren Grundherrschaften bis zur Entscheidung des Kaisers weder Abgaben noch Dienste zu leisten und bezahlten den Eidkreuzer. Dann zogen sie nach Rappottenstein, wo sie am 18. Dezember den Pfarrhof und einen herrschaftlichen Meierhof plünderten. Danach rückten sie vor die Stadt Weitra, die sie vom 23. bis 26. Dezember vergeblich belagerten. Von dort zogen sie weiter nach Gmünd.
Der Reichsherold Peter Fleischmann von Putzlwiz, Erbsass auf Smelwiz und zu Jakobsdorf, nahm erst am 23. Dezember seine Tätigkeit auf. Er verlas in feierlicher Form und im Heroldskleid das kaiserliche Mandat in Stein, dann in Krems und Langenlois. Am 30. Dezember traf er in Gmünd mit den Führern der Bauern zusammen, unter ihnen Georg Prunner, Leonhard Gassner und Georg Göth. Er forderte sie auf, die Waffen niederzulegen und innerhalb von drei Wochen ihre Beschwerden der kaiserlichen Kommission in Melk vorzulegen. Der Herold musste den misstrauischen Bauern den kaiserlichen Schutz verbriefen und besiegeln. Sodann unterfertigten Prunner, Gassner und Göth als „Obristen, haubt-und befelchsleuth des paurenbundts in Osterreich“ einen Revers, worin sie sich verpflichteten, ihre Beschwerden vorzubringen, die Waffen niederzulegen, wieder heimzukehren und der Obrigkeit zu gehorchen. Am nächsten Tag (31. 12. 1596) verlas der Herold das kaiserliche Generale vor zahlreichen Bauern bei Zwettl. Auch hier schlossen sich viele Untertanen dem Vertrag von Gmünd an.
Der Reichsherold Peter Fleischmann von Putzlwiz
Prunner hielt sich allerdings nicht an den Revers und zog anfangs Jänner mit einer Schar Bauern nach Pöggstall, wo er mit Zustimmung der Bürger Markt und Schloss besetzte und danach in Emmersdorf sein Lager aufschlug.
Söldner, Verhandlungen und das Ende des Aufstands
Schon wenige Tage nach Ausbruch des Aufstands hatte Erzherzog Matthias als Statthalter des Kaisers die Aufstellung eines Söldnerheeres befohlen. Das Kommando erhielt der bewährte Söldnerführer Wenzel Morakschi (Moratschky, Mrakeš) von Noskau, Freiherr zu Litschau, Hofkriegsrat und von 1596 bis 1600 Generalobrist. Die Musterung der Truppen fand in den letzten Jänner- und ersten Februartagen 1597 bei Stockerau statt. Das Söldnerheer erreichte letztlich eine Stärke von etwa 3000 Mann. Es handelte sich durchwegs um deutschsprachige Landsknechte, die aus den verschiedensten Ländern des Heiligen Römischen Reiches kamen. Nur ganz wenige gebürtige Nieder- und Oberösterreicher waren darunter. Die Reitertruppe - etwa 700 Mann stark - wurde nahe der ungarischen Grenze aufgestellt, um die Untertanen nicht zu beunruhigen. Diese Soldaten kamen zu einem erheblichen Teil aus Ungarn. Sie standen unter dem Kommando von Oberst Kollonitsch.
Erzherzog Matthias (1557-1619) als Kaiser StAZ, Sign. BA 02/7A/49
Das Gerücht über das Heranrücken des Kriegsvolkes fachte den Aufstand im Viertel ober dem Wienerwald neu an, und die Rebellen erzielten einzelne Erfolge. Am 5. Februar 1597 übertrug Erzherzog Matthias dem Vierten Stand die Aufgabe das Land zu beruhigen. Dieser bildete aus sechs Deputierten der Städte Wien, Klosterneuburg, Krems und Stein eine Kommission. Sie sollten die Aufständischen bewegen die Waffen niederzulegen, da man sicher war, dass die Bauern den Vertreter der Bürgerschaft mehr Vertrauen entgegenbringen würden als den kaiserlichen Kommissären. Diese städtische Kommission nahm erfolgreich Kontakt zu den Rebellen auf und konnte durch Verhandlungen, Geleitbriefe und Versprechungen Erfolge erzielen.
Im Februar waren im Waldviertel nur mehr Pöggstall und Schloss Persenbeug in der Hand der Aufständischen. Als aber Freiherr Georg Ehrenreich von Puchhaim den Bauernhauptmann von Allentsteig festnehmen, in Ketten auf seine Burg Raabs bringen ließ und sich zugleich die Kunde verbreitete, die gefürchteten schwarzen Reiter (die Reitertruppe des Oberst Kollonitsch) seien im Anmarsch und stünden schon vor Krems, befahl Andreas Schremser das Aufgebot. Unter Androhung des Kopfabschlagens und Niederbrennens der Häuser wurden alle Aufständischen aufgefordert, sich am 20. Februar in Grafenschlag zu versammeln. Tatsächlich sollen dort auch 30 000 Mann zusammengekommen sein. Die städtischen Kommissäre verhandelten bis 22. Februar mit den Bauernführern in Grafenschlag. Man konnte sich letztlich einigen, dass die Aufständischen wieder nach Hause gehen und ihre Anführer an einer Verhandlung in Zwettl teilnehmen würden. Als Gegenleistung sollten die kaiserlichen Truppen, insbesondere die gefürchteten Reiter, abziehen und die Rebellenführer Geleitbriefe erhalten. Tatsächlich zog aber nur ein Teil der Aufständischen ab. Die Bauern hatten nämlich panische Angst vor den immer wieder berichteten brutalen Übergriffen der Soldaten, insbesondere der Reiter, und diese rückten tatsächlich von St. Pölten kommend über Krems durch das Kamptal in Richtung Waldviertel vor.
Bauernwaffen (Repliken ?) aus dem Stadtmuseum Zwettl Fotos: Werner Fröhlich, Zwettl
Das Bauernheer unter Schremser zog nach Neupölla, wohin das Aufgebot befohlen worden war. Von dort ging es weiter nach Gars. Man vermutete die kaiserlichen Reiter nämlich in Langenlois. Dort wollte man sie angreifen und sich dann nach Krems und Stein zurückziehen. Am Morgen des 27. Februar stießen die Bauern in Straß auf ein kleines Reiterkontingent. Die Aufständischen erschlugen einige Reiter und erbeuteten mehrere Pferde. Eine größere Reitereinheit, die in der Nähe war und auf das Getümmel aufmerksam wurde, nahm aber wenig später bittere Rache an den aufständischen Bauern und an der Bevölkerung von Straß. Weitere Kämpfe im Raum Kirchberg, Großriedenthal, Langenlois und Gföhl folgten in den ersten Märztagen. Letztlich mussten in allen Fällen die aufständischen Bauern zurückweichen und fliehen. Die siegreichen Soldaten wüteten grausam unter den Besiegten und den Bewohnern der benachbarten Dörfer. Andreas Schremser wurde gefangen genommen. Erzherzog Matthias befahl Morakschi am 23. März die Überstellung Schremsers und weiterer Rädelsführer nach Wien.
Morakschi hatte am 10. März bereits Horn erreicht. Obwohl sich die städtische Kommission um ein Einlenken bemühte, gaben die Aufständischen, vor allem im Raum Ottenschlag, Pöggstall und Emmersdorf, nicht auf. Am 23. März wies Erzherzog Matthias den Wenzel Morakschi in einem Schreiben an, nunmehr hart, vor allem gegen die Anführer, vorzugehen. Er solle die Aufständischen ohne Barmherzigkeit mit Feuer und Schwert angreifen und ihre Weiber und Kinder gefangen nehmen. Mit drei oder vier Dörfern, in denen sich die unruhigsten Elemente befänden, sollte er den Anfang machen. Zur Abschreckung empfahl der Erzherzog, Gefangenen die Finger oder sogar die rechte Hand abzuhauen. Morakschi befolgte diesen Auftrag. Seine Landsknechte gingen mit großer Brutalität vor. Verstümmelungen, wie das Abschneiden der Nase, der Ohren oder von Gliedmaßen zählten zu ihren bevorzugten Maßnahmen, um die Landbevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen.
Erzherzog Matthias drückte Morakschi am 5. April seine Anerkennung über die Niederschlagung des Aufstandes im Waldviertel aus, tadelte ihn aber gleichzeitig wegen der Zügellosigkeit seiner Truppe. Wenige Tage später brach auch der Aufstand im Viertel ober dem Wienerwald zusammen.
Das Strafgericht
Den Untertanen sollte durch die Bestrafung der Rebellen eindringlich demonstriert werden, dass sie keine Möglichkeit besäßen, durch Aufstände ihre Lage zu verbessern. Dazu war es zunächst nötig alle jene Menschen zu töten, die sich als Agitatoren für die Rebellion hervorgetan hatten. Um die äußere Form des Rechts zu wahren, wurden die Anführer in Prozessen, die nach dem Schema der peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. durchgeführt wurden, verurteilt. Als Richter und Gerichtsbeisitzer wirkten jedoch ausschließlich Männer, die den Untertanen feindselig gesinnt waren, sodass man sicher sein konnte, dass alle Urteile den Wünschen des Erzherzogs und der Stände entsprechen würden. Vom Grundsatz, dass Standesgenossen der Angeklagten als Schöffen fungieren sollten, ging man ab.
Wie es damals üblich war, sollten die Hinrichtungen selbst eine möglichst große, abschreckende Wirkung ausüben. Sie wurden daher öffentlich und in Gegenden vollzogen, wo die Anführer zur Zeit der Rebellion besonders aktiv waren und in hohem Ansehen standen. Die Leichen wurden nach der Hinrichtung nicht sofort begraben, sondern möglichst lange zur Schau gestellt. Die Mitläufer sollten nach dem Willen des Erzherzogs und der Stände einen Denkzettel erhalten, der sie - möglichst bis an ihr Lebensende - von der Teilnahme an Aufständen abschreckte.
Bestrafung der aufständischen niederösterreichischen Bauern 1597
Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt, Repro: Fritz Fellner
Es gelang keinem einzigen prominenten Führer der Rebellion, sich durch Flucht der Bestrafung zu entziehen. Die Untertanen selbst waren es, welche die flüchtigen Obristen, Hauptleute, Rottmeister, Fahnenträger, Trommler und Feldschreiber der Bauernhaufen ausforschten und den Offizieren des Söldnerheeres, landesfürstlichen Organen oder den Grundherren übergaben.
Die Bestrafung der vornehmsten Führer hatte Erzherzog Matthias landesfürstlichen Stellen vorbehalten. Daher wurden Markgraber, Prunner, Schremser und andere vor ein Sondergericht in Wien gestellt. Für die Haupträdelsführer kam nur die Todesstrafe in Frage. Auch diese Hinrichtungen fanden nahe dem Wohnsitz des Verurteilten oder an einem Ort statt, wo dieser während der Rebellion eine spektakuläre Rolle gespielt hatte. Andreas Schremser und Hans Markgraber wurden bei lebendigem Leib gevierteilt. An Schremser vollstreckte man das Urteil wahrscheinlich im Mai vor den Toren der Stadt Waidhofen an der Thaya. Prunner wurde zuerst enthauptet und dann sein Leichnam durch den Henker zerstückelt.
Die mittlere Funktionärsschicht der Aufständischen - die Pfarrhauptleute, Rottmeister, Fahnenträger und Trommelschläger - wurden einem Kriegsgericht unter der Leitung Morakschis überlassen, das mit der Söldnertruppe durchs Land zog. Morakschi führte auf diesem Zug ständig etwa 150 Gefangene mit sich, von denen an jedem Gerichtstag einige ausgewählt wurden. Man bemühte sich hierbei, bekanntere Rebellen zu finden, die sich an dem betreffenden Ort besonders hervorgetan hatten. Wenn solche aber nicht in genügender Zahl vorhanden waren, wurden auch gemeine Mitläufer vor das Kriegsgericht gestellt. Die Angeklagten wurden meist sowohl gütlich als auch peinlich (unter der Folter) verhört. Am 10. März 1597 hielt Morakschi in Horn Gericht, am 18. in Waidhofen an der Thaya. Am 27. März fand das Gerichtsverfahren in Zwettl statt. Thomas Melcher aus Peigarten (bei Waidhofen/Thaya), Georg Leydll aus Niederedlitz, Martin Hiersch, Richter in Niederedlitz und Ambrosius Behaimb aus Dietmanns wurden zum Tod durch den Strang verurteilt und am nächsten Tag am Teufelsberg, an der Straße zwischen Stadt und Stift Zwettl, etwa dort, wo bereits nach dem Bauernaufstand von 1525 die Exekutionen stattgefunden hatten, an einem Baum gehenkt. Dem Schuster Simon Schwarz aus Peigerten (bei Waidhofen/Thaya) wurde das rechte Ohr abgeschnitten.
In Emmersdorf an der Donau wurde am 4. April neben Hans Prunner (Schneider aus Emmersdorf), Georg Göth (Maurer und Hauptmann der Pfarre Arbesbach), Adam Pierschhammer (Schuster aus Pöggstall), Simon Hofpruckher (Bader aus Franzen), Bartholomäus Reutter (Fleischhauer aus Kirchberg am Walde), Sebastian Haber (Bader aus Schönbach) auch dem Schneider Heinrich Weiss aus Marbach am Walde der Prozess gemacht. Er gestand unter der Folter, dass er im Februar die Bauern aus seinem Dorf nach Grafenschlag geführt und dort den Eid geleistet habe. Danach sei er gemeinsam mit den anderen Aufständischen bewaffnet nach Langenlois, um die Reiter zurückzuschlagen. Alle fünf Angeklagten wurden am 5. April in der Au von Emmersorf durch Hängen an einem Baum hingerichtet.
Bereits am 29. April 1597 hatte Erzherzog Matthias allen Landgerichtsherrn gestattet, Verbrechen zu ahnden, die während des Aufstandes begangen und noch nicht durch landesfürstliche Behörden oder durch das Kriegsgericht behandelt worden waren. Johann Auberger (der Dorfrichter von Gschwendt) und drei weitere Aufständische, darunter vermutlich auch der Müller Sebastian Scherkl, kamen vor ein herrschaftliches Landgericht, nämlich vor jenes von Zwettl. Wahrscheinlich hatten sie sich vor den Truppen Morakschis, die im März hier durchgezogen waren, verstecken können und waren so dem Kriegsgericht entgangen. Im Juli 1597 aber war Auberger bereits in Stift Zwettl in Haft. Er wurde von Abt Ulrich Hackl dem zuständigen Landgericht in der Stadt Zwettl zur Aburteilung übergeben. Das Gericht von Zwettl erklärte sich zunächst für nicht zuständig, es wollte den Fall an ein Militärgericht abtreten. Richter und Rat versuchten, in diese höchst unangenehme Sache nicht involviert zu werden. Und wenn sie schon ein Urteil fällen mussten, so sollte dieses möglichst milde ausfallen. Das widersprach aber völlig den strengen Richtlinien für das Vorgehen gegen die Aufständischen, die vom Landesfürsten und den oberen drei Ständen vorgegeben worden waren. So erging noch im Juli (wahrscheinlich am 24.) der strenge Befehl Kaiser Rudolfs II. an das Zwettler Landgericht, mit aller Härte gegen die gefangenen Rebellen vorzugehen.
Johann Auberger aus Gschwendt wurde im August 1597 nahe der Rastbank (an der Straße zwischen Zwettl und Gschwendt) enthauptet. Drei weitere Aufständische wurden dort auf einer Eiche mit dem Strang hingerichtet. Zahlreiche Bewohner der umliegenden Dörfer mussten der Hinrichtung beiwohnen.
Friedel Moll, Mai 2004
Quellen:
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Karl Haselbach, Der niederösterreichische Bauernkrieg am Ende des sechzehnten Jahrhundertes, nach bisher unbenützten Urkunden (Wien 1867).
Kurt Hofmann, Andreas Schremser und der Waldviertler Bauernkrieg. In: Das Waldviertel 10/11 1966 (Krems 1966) S 299-305. [ www.daswaldviertel.at ]
Otto Kainz, Das Strafgericht im niederösterreichischen Bauernaufstand 1596/97 = Diplomarbeit der Universität Wien (Wien 2003).
Max Mauritz, Arbesbach im Bauernkrieg 1596/97. In: Das Waldviertel 4/1989 (Horn 1989) S 315-322. [ www.daswaldviertel.at ]
Alois Plesser, Stift Zwettl, Kloster. In: Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesan-Blatt, XIV (St. Pölten 1954) S 293.
Günter Schneider, Die KG Rudmanns. In: Hans Hakala/Walter Pongratz, Zwettl-NÖ II. Die Gemeinde (Zwettl 1982) S 623.
Günter Schneider, Der niederösterreichische Bauernkrieg 1596/97 im Raum Zwettl (Stift Zwettl 1985).
Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter, I. = Österreichische Geschichte hg. von Herwig Wolfram 1522–1699 (Wien 2003) S 48-52.