Im Oktober 1648 wurden zwar in Münster und Osnabrück die Abschlussdokumente des Westfälischen Friedens unterzeichnet, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, für die Landbevölkerung und die Bewohner der kleinen Städte im niederösterreichischen Waldviertel bedeutete das aber noch lange nicht das Ende der mit dem Krieg verbundenen Lasten.
Am 22 Dezember 1648 bezogen Soldaten des Plessischen Regiments in Zwettl Quartier. Das brachte für die gesamte Bevölkerung wieder große Unannehmlichkeiten und wirtschaftliche Belastungen, denn die einquartierten Truppen, die ja verpflegt und mit allem Nötigen versorgt werden mussten, benahmen sich häufig sehr grob und rücksichtslos. Einem im Stadtarchiv Zwettl (Karton 13) aufbewahrten Dokument nach zu schließen, hielten sich diese Soldaten fast zwei Jahre lang in der Stadt auf. Dieses Schriftstück berichtet auch von einem weiteren Unglück, das die Stadt Zwettl 1649 traf und das von den einquartierten Soldaten ausgelöst wurde: „...den 20ten August durch des alhier gelegenen forier [= Proviant- oder Zahlmeister] seinen knecht unversehens nächtlicher weil ein grosßes unglück mit dem feur zuegetragen, in welchem in die 14 häuser nächtlicher weil in rauch aufgangen und da nit besser gerettet worden, die ganze statt zu grundt gangen wehre, welche theils noch dato unerbauet und auß armuth nimer erhebt werden können.“
Landstraße 32 (um 1918)
Foto: Slg. Werner Fröhlich, Zwettl
Das hier erwähnte Feuer war im Gasthaus des Maximilan Fux (heute Landstraße 32) ausgebrochen. Dort hatte sich der erwähnte Verpflegungsoffizier (Fourier) der in Zwettl stationierten Truppe einquartiert. Dieser war am Abend des 20. August mit mehreren anderen Reitern schwer betrunken nach Hause gekommen, wo sie randalierten, Geschirr zerschlugen und dann das Abendessen einnahmen. Darauf wurde der betrunkene Offizier von seinem Knecht zu Bett gebracht. Der Knecht trank dann in der Stube noch einigen Wein und ging danach in den Stall, wo sich sein Nachtlager befand. Gegen 10 Uhr stand er aber nochmals auf, wahrscheinlich um nach seinem Herrn oder auch nach dessen Pferd zu sehen, dabei löste er durch unachtsames Hantieren mit einem brennenden Kerzenstummel - oder auch mutwillig - den Band aus. Der Knecht ergriff sofort die Flucht und wurde nicht mehr gesehen. Das Feuer breitete rasch aus und vernichtete (wie oben erwähnt) etwa 14 Häuser, konnte dann aber doch gelöscht werden. Von der Brandkatastrophe waren vor allem die Häuser an der Landstraße betroffen, und noch 1665 wurden in einer schriftlichen Aufstellung über den bürgerlichen Besitz in Zwettl zahlreiche Gebäude als Brandstätten angeführt. Bei den Häusern Landstraße 36, 38, 40 und 42 vermerkte die Quelle ausdrücklich, dass diese immer noch seit dem großen Feuer von 1649 Brandruinen seien.
In der zweiten Jahreshälfte 1649 brach die Pest in Zwettl aus. Im ältesten Sterbebuch der Pfarre wurden auf den Seiten 11* und 12* die Pestopfer des Jahres verzeichnet. Die Eintragungen stehen unter dem Titel: „Omnes sequentes peste mortui sunt hoc Anno Domini 1649“ (Alle Folgenden sind im Jahre des Herrn 1649 an der Pest gestorben). Sie beginnen im August und umfassen 60 Zeilen. Die erste Eintragung betrifft zwei Dienstmägde (Dirn) des Bäckers Artner, bald danach starb auch seine Gattin (Hauswirtin): „Die erste person, des N. Artner eines beckhen dirn, baldt wider sein andere dirn. Darnach sein haußwirtin.“ Beim Schlosser Hanß Wentzl (heute: Neuer Markt 14 ?) und beim Handler in der Poschengasse (heute: Schulgasse) verstarben jeweils Vater, Mutter und fünf Kinder an der Seuche. Die fünfte Eintragung im Sterbebuch betrifft dann die Familie des Bierbrauers Zacharias Stadler aus der Syrnau. Es heißt „beim präyer an der stiegn ein mensch [= Mädchen, Dienstmagd]“. Weiters fiel auch eine Tochter des Brauers der Pest zum Opfer und am 3. Oktober 1649 starb schließlich noch seine Frau Anna.
Pfarrarchiv Zwettl, Sign. 3/1, fol. 11*
Insgesamt starben in diesem Jahr in der Stadt Zwettl 136 Menschen in 63 Häusern an der Pest. Den Höhepunkt erreichte die Seuche im Monat Oktober, wo 43 Personen verstarben, im Vergleich zu 17 im August, 37 im September, 21 im November und 18 im Dezember. Der monatliche Durchschnitt betrug somit 27 Sterbefälle. Hinsichtlich des Alters standen 46 Erwachsene (davon 20 Männer) 90 Kindern und Jugendlichen, das sind 66,18% der Gesamtsterbefälle, gegenüber.
F. Moll, August 2004
Literatur:
Doris Gretzel, Die landesfürstliche Stadt Zwettl im Dreißigjährigen Krieg (geisteswissenschaftliche Diplomarbeit Wien 2003). Doris Gretzel, Die landesfürstliche Stadt Zwettl im Dreißigjährigen Krieg (= Zwettler Zeitzeichen 9, Zwettl 2004).
Hans Hakala, Die Pest in Zwettl im Jahre 1649, in: Das Waldviertel 9, Folge 11/12 (1960) 165-168. [http://www.daswaldviertel.at/]
Hans Hakala, Der Schwarze Tod, in: Walter Pongratz/Hans Hakala, Zwettl Niederösterreich 1, Die Kuenringerstadt (Zwettl 1980) 67-69.
Friedel Moll/Werner Fröhlich, Zwettler Stadtgeschichte(n). Alltagsleben in vergangener Zeit 1 (Budapest 2000) 85 f. [http://www.buch-schulmeister.at/]
Walter Pongratz, Geschichte der Stadt bis 1648, in: Walter Pongratz/Hans Hakala, Zwettl Niederösterreich 1, Die Kuenringerstadt (Zwettl 1980) 44-67.
Quellen:
Pfarrarchiv Zwettl, Sign. 3/1, „Annotatio Mortuorum in Parochia Zwethalensis“, eingebunden in Sign. 2/1, „Heyrath Buech 1631“, zwischen fol. 104 und 105.
Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Karton 13, „Wahrer und gründtlicher bericht wie und waß gestalt dieses bluth arme stättl Zwettl in die höchste ruin und armueth gerathen“ A (Zwettl o. J., ca. 1649).
StAZ, Sign. 2/10, Ratsprotokolle, 361-363, 373f.
StAZ, Sign. 5/4, Einlag und Schätzung der Bürgerschaft von Zwettl 1665.