Am 17. August 1876 wurde in Zwettl Gustav Grünwald geboren. Wer seine Eltern waren, lässt sich aus dem vorhandenen Quellenmaterial nicht feststellen. Jedenfalls war er noch bis 1926 nach Kardasch-Retschitz (Kardašova-Řečice) bei Tabor in Böhmen zuständig, obwohl er seit 1911 ständig in Zwettl wohnte. Seine Frau Regina, geb. Kohn, stammte aus Schaffa (Šafov) in Mähren, wo sie 1874 geboren worden war.[1] 1913 betrieb Gustav Grünwald im Haus Landstraße 36 eine Gemischtwarenhandlung. Er beabsichtigte, hier auch Knochen, Hadern und Häute zu verarbeiten bzw. zu lagern. Wegen grober sanitärer Mängel stimmte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl diesem Vorhaben aber nicht zu.[2] 1914 wird er als Pferdehändler erwähnt.[3] Im selben Jahr kauften Gustav und Regina Grünwald das Haus Neuer Markt 5[4], wo sie dann ein Altwarengeschäft betrieben. Der Ehe entstammten eine Tochter namens Gisela und möglicherweise auch ein Sohn.[5] Gustav Grünwald verstarb im April 1928.[6]
Nach dem Tod ihres Mannes führte Regina Grünwald das Geschäft mit einer männlichen Hilfskraft weiter. Seit 1930 besaß sie auch das Haus Parkgasse 4, das sie 1934 aber wieder verkaufte.[7] 1932 übersiedelte sie nach Wien, wo sie 1936 einen Herrn Lenobel heiratete.[8] Das Haus am Neuen Markt blieb weiterhin in ihrem Besitz. Seit 1931 war es an Georg und Elisabeth Brezowich verpachtet, die hier eine Auto-Reparaturwerkstätte einrichteten. Nach dem „Anschluss“ von 1938 musste Regina Grünwald/Lenobel ihr Haus verkaufen. Als Käufer traten ihre bisherigen Mieter auf, die das Haus um 12.000 RM erwarben. Das Geld kam auf ein Sperrkonto, das mit dem Vermerk „Entjudungserlös“ versehen war und über welches nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Vermögensverkehrsstelle im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit verfügt werden konnte.[9] Man kann daher mit Sicherheit sagen, dass Regina Lenobel nur sehr wenig von ihrem Geld sah. Sie lebte damals in Wien XX, Wallensteinstraße 60. Am 22. Juli 1942 brachte man sie in das Konzentrationslager Theresienstadt, wo sie am 23. Februar 1943 ermordet wurde.[10]
[1] Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Karton 100, Reg.Nr. 69/1926.
[2] StAZ. Karton 95, Reg.Nr. 195/1913.
[3] StAZ, Karton 148, Akt Gemeinderatswahlen 1914.
[4] Bezirksgericht (BG) Zwettl, Grundbuch (GB) Stadt Zwettl 1a, EZ 86.
[5] Josef Leutgeb, „Holocaust“ auch für Zwettler Juden. In: Zwettler Kurier Nr. 17 (Mai 1979), S. 11.
[6] StAZ, Einreichungsprotokolle Sign. 3/115, Nr. 2/18.
[7] BG Zwettl, GB Zwettl Stadt, EZ 292.
[8] StAZ, Einreichungsprotokolle, Sign. 3/116, Nr. 12/52 und Sign. 3/121, Nr. 12/60 sowie Sign. 3/125, Nr. 9/202.
[9] BG Zwettl, GB Zwettl Stadt, EZ 86.
[10] Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), Meldeauskunft vom 18. Jänner 1994; IKG Wien, freundliche Auskunft vom 26. Juli 1994; DÖW, Totenbuch, Theresienstadt.