Die Taussigs kamen aus Grainbrunn. 1887 hatten Samuel und Ludmilla Taussig von Samuel Goldstein die Greißlerei im Ortszentrum gekauft (Grainbrunn 11). Am 26. 10. 1888 wurde hier Max Taussig geboren.[1] Er diente im 1. Weltkrieg, nach Kriegsende lebte er einige Jahre in Wien. Bereits 1913 hatte er die aus Prag stammende Schneiderin Rosa Jampehles (geb. 1891) geheiratet. Beide zogen später wieder nach Grainbrunn, wo sie 1926 das Haus Grainbrunn 22 erbauten.[2] Der Ehe entstammte der 1920 geborene Sohn Paul. 1933 verkaufte die Familie Taussig das Haus und übersiedelte nach Zwettl, wo sie zunächst in der Kuenringerstaße 3, dann in der Gartenstraße 10 und ab 1935 in der Kamptalstraße 11 wohnte. Hier handelte Max Taussig, wie auch vorher schon in Grainbrunn, mit landwirtschaftlichen Maschinen und Fahrrädern, vor allem aber agierte er als Versicherungsagent.
Er gab bereits bei seiner Ankunft in Zwettl an, konfessionslos zu sein und bemühte sich offensichtlich, seine Familie im nichtjüdischen Milieu zu integrieren, denn 1934 ließen sich Max und Paul Taussig taufen,[3] Rosa war vermutlich bereits etwas früher konvertiert. Der ursprünglich mosaische Hauptschüler Paul wurde Mitglied der Zwettler Pfadfindergruppe. Die Ehe zwischen Paul und Rosa Taussig war nicht glücklich. Das Ehepaar lebte weitgehend getrennt und ließ sich um 1935 scheiden.[4]
Rosa Taussig zog nach Atzgersdorf im Wiener Gemeindebezirk Liesing. Die Not und Bedrängnis, mit der Juden nach dem März 1938 in Österreich konfrontiert waren, brachte beide aber wieder zusammen. Max übersiedelte am 28. August 1938 zu seiner Frau nach Wien. [5] In Zwettl war das Leben für ihn wohl unmöglich geworden. Am 16. Dezember 1940 mussten beide in ein ghettoartiges Massenquartier nach Wien IX, Grüne Thorgasse übersiedeln. Dort heirateten Max und Rosa nochmals. Am 26. Februar 1941 deportierte man beide mit dem 2. Transport nach Oppeln (Opole) in Polen.[6] Seither fehlt von ihnen jede Spur.
[1] Mitteilung von Gottfried Terrer (Grainbrunn 11) an den Verfasser, Dezember 1993.
[2] Bezirksgericht (BG) Zwettl, Grundbuch (GB) Großnondorf, EZ 204.
[3] Max Taussig wurde am 9. Juni 1934 in Zwettl durch Pfarrer Johann Flicker getauft. Taufpate war Heinrich Wandl, Bauer in Niedernondorf 43. Diözesanarchiv St. Pölten, Pfarrarchiv Zwettl, Taufbuch, Sign. 01-18, fol. 155.
[4] Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), Meldeauskunft vom 24. August 1993 an den Verfasser; Stadtarchiv Zwettl (StAZ), Meldebuch 1909-1932, 1933-1939; Amtsblatt der BH Zwettl Nr. 37 vom 15. September 1938.
[5] StAZ, Sign. 5/93, Meldebuch 1933-1939.
[6] WStLA, Meldeauskunft vom 24. August 1993; Mitteilung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien vom 26. Juli 1994 an den Verfasser.
Am 15. und am 26. Februar 1941 verließen zwei Deportationstransporte mit 2.003 jüdischen Männern, Frauen und Kindern den Wiener Aspangbahnhof mit dem Ziel Opole, einer Kleinstadt südlich von Lublin. Opole hatte eine traditionsreiche jüdische Gemeinde. Zu Kriegsbeginn lebten hier ca. 4.000 Juden, was einem jüdischen Bevölkerungsanteil von knapp 70 Prozent entsprach, ein Anteil, der sich nach Kriegsbeginn durch Zwangsumsiedler aus anderen Teilen Polens weiter erhöhte.
Bis März 1941 wurden ca. 8.000 Juden in das nunmehr in Opole errichtete Ghetto deportiert. Die Unterbringung der Neuankömmlinge erfolgte teilweise bei ortsansässigen Juden, teilweise in Massenquartieren wie einer Synagoge und in neu errichteten Hütten.
Im Ghetto war die Bewegungsfreiheit der Insassen nicht eingeschränkt, es fehlten Absperrungen, jedoch war das Verlassen Opoles ohne behördliche Genehmigung bei empfindlicher Strafe verboten. Die Kontrolle des Ghettos übernahmen der Sicherheitsdienst der SS (SD), Gendarmerie und, nach Zeugenaussagen zu schließen, auch deutsche Wehrmachtsangehörige. Bei der Bestreitung des Lebensunterhaltes waren die Ghettobewohner im Wesentlichen auf sich selbst angewiesen. Es herrschte also bittere Not. Ab Mai 1941 wurden ca. 800 arbeitsfähige Männer zur Zwangsarbeit in Deblin eingesetzt.
Bereits im Frühjahr 1942 begann die Liquidation des Ghettos von Opole. Am 31. März 1942 ging ein Transport in das Vernichtungslager Belzec ab, und im Mai und Oktober 1942 folgten Deportationen in das Vernichtungslager Sobibor. Von den 2.003 Wiener Juden sind 28 Überlebende bekannt. (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): http://www.doew.at/ausstellung ).