Friedel Moll, Jüdisches Leben in Zwettl. Koexistenz und Verfolgung, vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.
88 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 2009.
Zu diesem Band der „Zwettler Zeitzeichen“, als dessen Hauptautor Stadtarchivar Friedel Moll verantwortlich zeichnet, leisteten Dr. Eveline Brugger, Dr. Christoph Lind und Dr. Barbara Staudinger von Institut für Geschichte der Juden in Österreich wertvolle Beiträge.
Forschungen der jüngsten Zeit kommen zu dem Schluss, dass in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein rabbinischer Gelehrter zumindest kurzfristig in oder um Zwettl ansässig war. Die ersten namentlich bekannten Zwettler Juden (Abraham und Jesche) finden sich in den Jahren 1315 bis 1337 vor allem in urkundlichen Quellen des Stiftes Zwettl. 1338 setzte, von Pulkau ausgehend, im ganzen Land eine Welle von Judenverfolgungen ein, der auch alle in Zwettl und Umgebung ansässigen Jüdinnen und Juden zum Opfer fielen.
Im 15. und 16. Jahrhundert blieb die jüdische Bevölkerung Niederösterreichs auf einige wenige Orte beschränkt. In Zwettl bildete sich zu diesem Zeitpunkt keine jüdische Gemeinde, allerdings gab es in der Nachbarschaft, wie etwa in Waidhofen/Thaya und Langenlois, bedeutende jüdische Gemeinden. 1669-1671 musste über kaiserlichen Befehl alle Juden Wien und Niederösterreich verlassen. Viele siedelten sich unmittelbar jenseits der Grenze in Böhmen und Mähren an.
Das Toleranzpatent Kaiser Josephs II. vom 2. Jänner 1782 machte die Ansiedlung von Juden in Wien und Niederösterreich unter bestimmten Voraussetzungen möglich. In den 1840er-Jahren nahm die jüdische Zuwanderung aus dem böhmisch-mährischen Grenzraum stark zu. Jüdische (Religions-) Gemeinden entstanden, zunächst in Krems, Horn und Waidhofen. Bethäuser wurden errichtet und Friedhöfe angelegt.
1856 ließ sich der Branntweinhändler Samuel Schidloff mit Familie in Zwettl nieder. Er und seine Nachkommen betrieben hier bis 1938 eine Likör- und Fruchtsafterzeugung sowie ein Handelsgeschäft mit Süßwaren. Nach und nach siedelten sich weitere jüdische Familien in Zwettl an, eine kleine Gemeinde entstand, man richtete einen Betraum ein und legte 1882 einen Friedhof an. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nahm der Antisemitismus in Österreich stark zu. Einer der Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung war Georg Ritter von Schönerer, der Besitzer von Schloß Rosenau.
In den 1930er-Jahren lebten im Gebiet der heutigen Gemeinde Zwettl fünf jüdische Familien und drei Einzelpersonen, die sich zur mosaischen Religion bekannten. Nach dem „Anschluss“ vom März 1938 wurden sie verfolgt und vertrieben. Viele von ihnen kamen in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches ums Leben.
Die "Zwettler Zeitzeichen" sind zum Preis von je 15,- Euro pro Band im Zwettler Buchhandel sowie bei den Verkaufsstellen der Zwettler Museen oder direkt beim Stadtamt Zwettl (Gartenstraße 3, 3910 Zwettl, Tel. 02822/503 0, E-Mail senden) erhältlich.