Am Sonntag, dem 14. August 1814 hielt die Zwettler Schützengesellschaft auf dem Schießstattgelände am Damm (heute Gartenstraße) einen Ball ab, der zahlreiche Besucher anlockte. An diesem Tag waren im Gasthaus Zur Goldenen Rose (heute Dreifaltigkeitsplatz 3) ein Spitzenhändler aus Böhmen und ein Gastwirt aus Lengenfeld abgestiegen. Der Rosenwirt Johann Klupp und der böhmische Händler gingen gemeinsam zum Fest.
Doch dann, um 11 Uhr in der Nacht, brach im Pferdestall des Rosenwirtshauses ein Feuer aus, das sich in Windeseile die Landstraße aufwärts, in Richtung Hamerlingstraße und zum Hauptplatz hin verbreitete. An den Löscharbeiten beteiligten sich auch die Ballbesucher, vor allem aber die Hilfsmannschaft aus Stift Zwettl, an deren Spitze sich Prälat Berthold Gamerith persönlich gestellt hatte, dürfte sehr effizient gearbeitet haben. Nach vier Stunden war der Brand eingedämmt. 55 Häuser, darunter das städtische Dienerhaus (heute Florianigasse 2) und das Rathaus waren ein Raub der Flammen geworden.
Die Untersuchungskommission des Magistrates, die am 15. August ihre Tätigkeit aufnahm, stellte fest, dass das Feuer im hinteren Pferdestall ausgebrochen war. Während der vordere Stall, in dem der Gastwirt Klupp seine beiden Rösser untergebracht hatte, über eine gewölbte, gemauerte Decke verfügte, bestand die Decke des hinteren Stalles aus Holz, und auf dem Schüttboden darüber waren große Mengen an Heu und Stroh gelagert gewesen. In diesem Stell verendeten während des Brandes die vier Pferde der Hausgäste und Andre Vorlauffer, der Fuhrknecht des Lengenfelder Wirtes, dessen Nachtlager im Stall bei den Pferden gewesen war, hatte schwere Brandwunden davongetragen. Man brachte ihn zunächst zurück nach Lengenfeld.
Hofbauer, der Hausknecht des Rosenwirtes, sagte vor der Untersuchungskommission aus, dass seiner Meinung nach Vorlauffer an der Brandkatastrophe Schuld sei, denn dieser habe sich am Vorabend betrunken im Stall schlafen gelegt und dabei vermutlich vergessen, die Kerze in seiner hölzernen Laterne zu löschen. Die Laternengläser habe er, Hofbauer, nämlich im ausgebrannten Pferdestall gefunden. Andre Vorlauffer, der aus Mitterndorf bei Martinsberg stammte, wurde verhaftet und in Stift Zwettl in den Arrest gesteckt. Die Gerichtskommission, die ihn dort verhörte, hielt die Aussage des Wirtshausknechts Hofbauer aber für einen Schuldspruch nicht ausreichend und sprach Vorlauffer aus Mangel an Beweisen frei. Weitere Erhebungen nahm man nicht vor, und so ist die Ursache für diese verheerende Brandkatastrophe bis heute ungeklärt.
Eine Kommission stellte fest, dass der Gesamtschaden an den 55 Häusern 184.310 Gulden betrug. Den Schaden an den städtischen Häusern (Dienerhaus, Rathaus und Bürgerspital) bezifferte man mit 21.716 Gulden. Die Regierung genehmigte eine Brandsteuersammlung für die geschädigten Zwettler Bürger, die in ganz Niederösterreich einschließlich der Haupt- und Residenzstadt Wien durchgeführt wurde. Sie erbrachte bis 23. August 1815 ganze 2.226 Gulden und 14 Kreuzer.
Die Gemeinde bemühte sich bei den benachbarten Herrschaften um Unterstützung und Kredite, und war zumindest in einem Fall auch erfolgreich. Die Herrschaft Schloss Rosenau gewährte nämlich im März 1815 ein Darlehen von 5.000 Gulden zur Sanierung von Rat- und Dienerhaus, auch versuchte man große Mengen Dachziegel aufzutreiben, da die Häuser ja nun möglichst nicht mehr mit Stroh oder Schindeln gedeckt werden sollten. Der Dachstuhl des Rathauses und dessen Eindeckung dürften relativ rasch erneuert worden sein, doch für die Wiedererrichtung des Turmes fehlte das Geld. Daher wandte sich der Magistrat der landesfürstlichen Stadt Zwettl 1820 an seine Bürger und bat sie, Geld für die Turmerneuerung vorzustrecken. Tatsächlich liehen 28 Zwettler Bürgerinnen und Bürger ihrer Stadt jeweils zwischen 25 und 100 Gulden, in Summe 1.825 Gulden. Sie bekamen die vorgestreckten Beträge in den folgenden fünf Jahren ohne Zinsen zurückbezahlt. Man legte für diese Geldgeschäfte eigens kleine Heftchen an, in denen jeweils zwei Mitglieder des Bürgerausschusses die Höhe des geliehenen Betrages bestätigten und in dem dann die Rückzahlungsraten vermerkt wurden.
Da die Bauweise des Pferdestalles im Gasthaus zur Goldenen Rose und die Lagerung von großen Mengen leicht brennbaren Materials im Dachbodenbereich wesentlich zum Ausbruch und zum verheerenden Ausmaß des Brandes beigetragen hatten, forderte noch im August 1814 der Magistrat der Stadt Zwettl den Schildwirt Johann Klupp unter Androhung des Verlustes seiner Schildwirtskonzession auf, entsprechende Umbaumaßnahmen an seinem Haus vorzunehmen und in Zukunft keinesfalls mehr brennbares Material in seinem Haus zu lagern. Tatsächlich verkaufte Johann Klupp zwei Jahre später sein Haus um 7.000 Gulden an Anton und Barbara Rindt. Nach dieser Brandkatastrophe von 1814 drängte der Zwettl Magistrat, vor allem aber das Kreisamt in Krems darauf, dass bei Neu- und Umbauten die Hausdächer mit Ziegel und nicht wie bisher üblich mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt wurden.
F. Moll, 12/2014
Quellen:
Stadtarchiv Zwettl, Karton 14, Faszikel „Brandunglück von 1814“.
NÖ Landesarchiv, Kreisgerichtsarchiv Krems, Herrschaft Stift Zwettl, Kriminalia, Karton K 3063.