1997, 27. September: Eröffnung der Parkgarage

Parkraum- und Verkehrssituation in Zwettl, 1988 (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-03-Mappe 15)Man kann mit Sicherheit annehmen, dass bereits seit dem Mittelalter an den Markttagen, speziell während der stark frequentierten Jahrmärkte, im Stadtzentrum von Zwettl dichtes Verkehrsgewühl herrschte. Händler und Handwerker hatten ihre Verkaufsstände aufgebaut, die ortsansässigen Gewerbe- und Handelsbetriebe boten vor ihren Häusern ihre Waren feil, und zahlreiche Menschen aus nah und fern bevölkerten mit ihren Fuhrwerken die engen Gassen und Plätze. Auch außerhalb der Markttage zogen Kaufleute und Händler mit ihren Produkten über Land, und Bauern brachten ihre Ernte und ihr Vieh zum Verkauf in die Stadt. An den Stadttoren musste Maut entrichtet werden, deren Höhe meist nach der transportierten Ware bemessen wurde. Die Stadtmauern und Stadttore entsprangen nicht nur einem Sicherheitsbedürfnis, sie wirkten auch regulierend. Im 19. Jahrhundert aber empfand man die Stadttore immer mehr als Verkehrshindernisse, die den Gütertransport beträchtlich und unnötigerweise erschwerten, da sie ihre Schutzfunktion ja längst verloren hatten. So mussten auch in Zwettl ab 1860 die Stadttore breiteren Einfahrten weichen.
Doch damit war das Verkehrsproblem keineswegs gelöst, denn der Waren und Personenverkehr mit Pferdewagen und Ochsengespannen nahm bereits an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bedeutend zu. Um diesen wachsenden Anforderungen Herr zu werden, entwickelte die Zwettler Gemeindeverwaltung 1905 einen Stadtregulierungsplan, der vor allem die Verbreiterung der engen Straßen und Gassen im Stadtgebiet zum Ziel hatte. Damit der Fuhrwerksverkehr ungehindert fließen konnte, sollten möglichst alle Engstellen beseitigt werden. Dieser Plan konnte wegen der privaten Besitzverhältnisse aber keineswegs überall verwirklicht werden, was wir heute wohl als Glücksfall ansehen dürfen, da so doch so manche enge Gasse bestehen blieb und ein Stadtbild mit Atmosphäre und Flair erhalten wurde.Parkraum- und Verkehrssituation in Zwettl, 1988 (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-03-Mappe 15)
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nimmt der Straßenverkehr in einem bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten Ausmaß zu. Grund dafür ist die rasant ansteigende Motorisierung bei höheren Einkommen und einem Mehr an verfügbarer Freizeit. Das führt besonders in den Städten zu umfassenden Verkehrsproblemen, hervorgerufen durch Berufs-, Schüler- und Einkaufsverkehr.
In den 1980er Jahren ging die Zwettler Stadtregierung unter Bürgermeister Ewald Biegelbauer daran, das innerstädtische Verkehrsproblem zu lösen. Durch organisatorische Maßnahmen bemühte man sich, den Schülerverkehr aus dem Stadtzentrum hinaus zu verlagern. Durch gezielte Einbahnführungen sollte der Autoverkehr möglichst flüssig gehalten und dadurch die Belastung für die Anrainer weitgehend verringert werden. Das Stadtzentrum sollte zur Kurzparkzone erklärt und außerhalb des Zentrums mehrere Parkplatzeinheiten geschaffen werden.
Parkplätze auf dem ehemaligen Bauhofareal in der Gartenstraße (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-01-1997-01)In den 1990er Jahren wurde unter Bürgermeister Franz Pruckner das Verkehrskonzept mit mehreren Kreisverkehren, besonders aber die Parkraumbewirtschaftung weiterentwickelt. Das Bauhofareal am Fuß der Stadtmauer an der Gartenstraße wandelte man 1991 zu einem Parkplatz um, der allerdings den Anforderungen auf Dauer nicht gewachsen war. So entschloss man sich, hier eine Parkgarage zu errichten. Da die Gemeinde überdies bereits 1988 das Haus Nr. 2 in der Schulgasse erworben hatte, konnte man über eine Passage, eine Stiegenanlage und einen Lift einen direkten Zugang von der geplanten Parkgarage in das Stadtzentrum schaffen. Für den Umbau dieses Hauses, des ehemaligen Höllrigl-Hauses, wurde die Gemeinde 1997 vom Land Niederösterreich mit der „Goldenen Kelle“ ausgezeichnet.
Den Zuschlag für Planung und Errichtung der Zwettler Parkgarage erhielt das Büro von Architekt Dipl.-Ing. Georg Thurn-Valsassina aus Rastenberg. Es sah einen Rundbau vor, in dem in mehreren schrauben- bzw. spiralförmig übereinander angeordneten Ebenen die Autos parken sollten. Das ermöglichte eine sehr einfache und übersichtliche Verkehrsführung und ein äußerst sparsames Raumkonzept, brauchte man doch für ein einzelnes Auto inklusive Verkehrsfläche nur 23 anstatt der sonst üblichen 28 Quadratmeter. In seiner Sitzung vom 14. Dezember 1996 beschloss der Gemeinderat, die Parkgarage errichten zu lassen. Mit den Baumeisterarbeiten wurde eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus den Firmen Georg Feßl, Leyrer + Graf in Zusammenarbeit mit UNIVERSALE, als Bestbieter betraut, die umgehend mit den Arbeiten begann. Bereits am 23. April 1997 fand die Gleichengeier statt und am 20. Juli konnte die Garage in Betrieb gehen. Die feierliche Eröffnung nahm Landeshauptmann Dipl.-Ing. Dr. Erwin Pröll gemeinsam mit Bürgermeister Ökonomierat Franz Pruckner am 27. September vor.

Die Parkgarage im Bau, 1996 (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-01-1996-01)Die Parkgarage im Bau, 1997 (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-01-1996-04)Parkgarage, Oberdeck, 1997 (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-01-1997-03) 

27. September 1997: Eröffnung der Parkgarage, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll dirigiert den Musikverein CM Ziehrer Zwettl (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-02-012-057)Die Parkgarage bei Nacht (Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA-03-010-099)

 

Technische Daten:
Parkfläche:  4.570,50  Quadratmeter
Stellplätze im Innenring  110  
Stellplätze im Außenring  220  
Stellplätze insgesamt  330  
Bebaute Fläche:  2.250,00  Quadratmeter
Umbauter Raum  20.800,00  Kubikmeter
Durchmesser  56,90  Meter

 

Baukosten exkl. MwSt
Garage und Stiegenhäuser ca. öS  47,505.000,00
Aufzug einschließlich Liftschacht und Verbindungstunnel ca. öS  1,700.000,00
Außenanlagen ca. öS   740.000,00
Gesamt ca. öS  49,945.000,00

F. M. 11/2015

Literatur:
Neue Zwettler Nachrichten. Mitteilungen des Bürgermeisters der Gemeinde Zwettl. Nr. 6/1995, 1/1996, 3/1996, 5/1996, 2/1997, 4/1997, 5/1997.
Franz Fischer (Red.), Die Zwettler Parkgarage (Zwettl, o.J. (1997).