Das Zwettler Spital im Mittelalter

Im Mittelalter standen die Spitäler in unserem Land vorwiegend unter der Obhut von Klöstern und anderen kirchlichen Institutionen. An der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert kümmerten sich aber auch schon vermehrt die Städte um die Versorgung alter und kranker Mitmenschen.
Das Zwettler Spital bestand jedenfalls schon vor 1295. Es ist damit eines der ältesten Bürgerspitäler im heutigen Raum Wien und Niederösterreich. Hier einige Gründungsdaten zum Vergleich: Krems: 1200, Wien: 1211, Klosterneuburg: vor 1283, Laa an der Thaya: vor 1295, Eggenburg: 1299, Korneuburg: 1300, Bruck an der Leitha: 1331, Weitra: 1340, Retz: 1351, Mistelbach: vor 1355, Tulln: 1366, Hainburg: 1390, Horn: 1395, St. Pölten: 1440.
Wer der Stifter des ersten Zwettler Spitals gewesen ist, ob die Herren von Kuenring oder die Bürger der Stadt, kann man heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls war es Leutold I. von Kuenring, der am 19. Juni 1295 eine Mühle erbauen ließ und die alljährlich davon zu entrichtende Burgrechtsabgabe dem bereits bestehenden Zwettler Spital stiftete. Diese Urkunde, mit der das Spital erstmals erwähnt wird, ist uns nur mehr in einer Abschrift im Kopialbuch des Bürgerspitals erhalten, das ab 1527 angelegt wurde.

Zwettl, 19. Juni 1295: Leutold (I.) von Kuenring verleiht dem Leopold Müller zu Zwettl ein Grundstück am Zwettlfluss und beauftragt ihn, dort eine Mühle zu erbauen und die alljährlich hiervon zu entrichtende Burgrechts-Abgabe, ein halbes Pfund Pfennige, jeweils am Michaelstag (29. September) an das Spital in Zwettl abzuliefern. (Stadtarchiv Zwettl, Sign. 10/1)

Zwettl, 19. Juni 1295: Leutold (I.) von Kuenring verleiht dem Leopold Müller zu Zwettl ein Grundstück am Zwettlfluss und beauftragt ihn, dort eine Mühle zu erbauen und die alljährlich hiervon zu entrichtende Burgrechts-Abgabe, ein halbes Pfund Pfennige, jeweils am Michaelstag (29. September) an das Spital in Zwettl abzuliefern.
(Stadtarchiv Zwettl, Sign. 10/1)

Der Nachfolgebau der ehem. kuenringischen Mühle an der Zwettl Foto: Werner Fröhlich, 2000

Der Nachfolgebau der ehem. kuenringischen Mühle an der Zwettl
Foto: Werner Fröhlich, 2000

Nach 1295 bedachten sowohl die Kuenringer als auch vermögende Bürger das Spital immer wieder in Testamenten und Schenkungen. So legierte 1302 Agnes, die zweite Gemahlin Leotolds I. von Kuenring, dem Spital in ihrem Testament zwei Mark Silber, und am 21. Juli 1305 bestätigte Leutold I. die Stiftung des Bäckers Walter Gruber, welcher beschlossen hatte, nach seinem Tod dem Spital 1 Pfund Pfennige und 8 Joch Wald in der „Vogelleiten“ bei Jahrings zu vermachen. Am 15. Juli 1306 schenkte der Zwettler Bürger Konrad Malzer dem Spital eine Wiese und einen Krautgarten „vor dem Brüel“. Zahlreiche weitere Zuwendungen und Stiftungen folgten.
Das Bürgerspital lag damals außerhalb der Stadtmauer, vor dem Unteren oder Niederen Tor. 1402 befand sich dort auch bereits eine Kapelle, sie war dem hl. Martin geweiht, denn am 29. Juni dieses Jahres verliehen Stadtherr und Bürgerschaft die dortige Kaplanstelle dem Weltpriester Georg aus St. Leonhard am Forst. Am 22. Dezember 1418 verpflichtete sich die Bürgerschaft feierlich, das Spital gänzlich in ihre Obhut zu nehmen und einen Kaplan anzustellen, der täglich eine Messe halten sollte. Die Leitung und Verwaltung des Hauses lag in den Händen eines Spitalmeisters. Eine Funktion, die auch zugleich der Kaplan ausüben konnte.
Erst die Glaubenskriege des frühen 15. Jahrhunderts brachten das Ende des Spitals vor der Stadt. Am Neujahrstag 1427 brannten die Hussiten, welche die Stadt Zwettl belagerten und das Stift verwüstet hatten, das Zwettler Bürgerspital mit der Martinskapelle nieder. Später entstand vermutlich an dieser Stelle das städtische Siechenhaus, in dem verarmte Nichtbürger unterkommen konnten. Das Bürgerspital aber errichteten die Zwettler nach 1438 neuerlich, diesmal allerdings innerhalb der schützenden Stadtmauern.

Literatur:
Ehrenfried Teufl, Das Bürgerspital. In: Hans Hakala/Walter Pongratz, Zwettl-NÖ I. Die Kuenringerstadt (1980) S 476-496.