Die dem Evangelisten Johannes geweihte Kirche auf dem
Berg war einst die Pfarrkirche von Zwettl. Jüngste Bauforschungen
haben ergeben, dass der heutige Kirchenbau aus
der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammen dürfte. Es
ist aber durchaus möglich, dass hier bereits vorher ein Gotteshaus
bestand. Bemerkenswert sind die gewaltigen, exakt
behauenen und verlegten Granitquader, aus denen die westliche
Giebelfront der Kirche gefügt ist. Hier und an der Südseite
sind im Obergeschoß insgesamt drei vermauerte Türen
(Hocheinstiege) erkennbar. Sie deuten darauf hin, dass von
einem nicht mehr existierenden Nebengebäude Zugänge in
die Empore der Kirche bestanden. Der Überlieferung nach
soll hier auf dem Berg, neben der Kirche, die Burg der Kuenringer
gestanden sein, die 1231 vom Babenbergerherzog
Friedrich II. dem Streitbaren zerstört wurde. Bei archäologischen
Untersuchungen in den Jahren 2010 und 2011 konnten
allerdings keine Hinweise auf die Burg gefunden werden.
Noch im 12. und 13. Jahrhundert baute man die Kirche mehrmals um, erhöhte sie, versah sie mit dem heute noch bestehenden Westturm und einem mächtigen Chorturm im Osten, der später aber wieder abgetragen wurde. In den Kriegswirren gegen Ende des 15. Jahrhunderts errichtete man um die Kirche einen Tabor, eine Befestigungsanlage.
1483 wurde in Zwettl eine Propstei, ein geistliches Kollegiatskapitel errichtet, dem ein Propst, ein Dechant und zwölf Chorherren angehören sollten. Die St. Johanneskirche auf dem Berg wurde zur Propsteikirche, die pfarrlichen Aufgaben gingen auf die Kirche in der Stadt über. In den folgenden Jahrzehnten gestaltete man das Innere der Propsteikirche im Sinne des Barock um. Am Triumphbogen ist heute noch das Wappen des Propstes Konrad Ferdinand von Albrechtsburg mit der Jahreszahl 1718 zu sehen. Von der barocken Einrichtung sind nach den Verwüstungen im Jahr 1945 heute nur mehr die Kanzel und die Seitenaltäre erhalten. Das dem Barock verpflichtete Kruzifix im Altarraum stammt aus dem Jahr 1984 und wurde vom Bildhauer Franz Gruber aus Gutenbrunn gefertigt. 1751 hob Maria Theresia die Propstei auf. Der Titel eines Propstes von Zwettl wird seither als bloßer Ehrentitel ohne besondere Rechte und Pflichten verliehen. Die ehemalige Propsteikirche wurde zur Filialkirche der Stadtpfarrkirche von Zwettl. Eine Funktion, die sie auch heute noch innehat.